Wird das Papier der künftigen Koalitionäre so umgesetzt, dann gibt es in den Ballungsräumen (mit wirklichem oder vermeintlichem Wohnungsmangel), für die diese Regelung gelten soll, kaum noch einen Inflationsschutz:
1. Faktisch werden die Mieten bei Neubauten eingefroren. Selbst wenn für Neubauten bei der Erstvermietungsmiete keine Kappung erfolgt, so muss die Miete erst über einen langen Zeitraum in diese Miethöhe hineinwachsen. Damit bekommt der Wohnungseigentümer keinen Inflationsausgleich mehr. Wer wird unter diesen Voraussetzungen noch in den Mietwohnungsneubau investieren? Die Bauträger, die ohnehin in den vergangenen Jahren ganz überwiegend im Wohnungsbau von Eigentumswohnungen für Selbstnutzer aktiv waren, weil hier die Margen deutlich höher sind, werden sich sukzessive aus dem Mietwohnungsbau verabschieden, da sie keine Investoren mehr finden, die ihnen ein Produkt mit eingefrorenen Mieten abkaufen. (Man darf gespannt sein, wie die Investoren reagieren: Melden Sie sich zu der großen Veranstaltung der BERLINER IMMOBILIENRUNDE am 20.November an, bei der institutionelle Investoren und Familiy Offices über ihre Ankaufskriterien für Wohnungsprojektentwicklungen referieren. Das Thema wird dort eine zentrale Rolle spielen. Fordern Sie das Programm bei info@immobilienrunde.de an.)
2. Im Bestand ist die Mieterhöhung in den Ballungsräumen (mit wirklichem oder vermeintlichem Wohnraummangel) auf 15 Prozent in vier Jahren begrenzt. Das klingt harmlos, denn 3,75 Prozent p. a. ist eine Menge. Doch Mieten steigen eben nicht linear, sondern Phasen einer längeren Stagnation folgen dann (nach dem Leerstandsabbau) kurze Phasen mit deutlichem Mietanstieg, die die Wirkung eines Nachholeffektes haben. Dieser Nachholeffekt wird durch die reduzierte Kappungsgrenze im Bestand verhindert, wenn künftig nur noch ein Drittel der bei der ursprünglichen Einführung der Kappungsgrenze erlaubten Mieteranpassungen möglich sein soll.
3. Und was ist, wenn die Inflationsrate mal einen längeren Zeitraum über dem Wert von 3,75% p. a. liegt? Wir haben uns in den letzten Jahren an minimale Steigerungen der Lebenshaltungskosten um die zwei Prozent – oder darunter – gewöhnt. Doch erinnern wir uns: Wir hatten Anfang der siebziger Jahre Werte über sieben Prozent, Anfang der achtziger Jahre über sechs Prozent und Anfang der neunziger Jahre über fünf Prozent:
Inflationszahlen von 1960 bis 2007 | |
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Jahr | Inflationsrate |
1960 | 1,6 Prozent |
1965 | 3,1 Prozent |
1970 | 3,6 Prozent |
1973 | 7,1 Prozent |
1975 | 6,0 Prozent |
1980 | 5,3 Prozent |
1981 | 6,3 Prozent |
1985 | 2,0 Prozent |
1990 | 2,6 Prozent |
1991 | 3,7 Prozent |
1992* | 5,1 Prozent |
1993 | 4,4 Prozent |
1994 | 2,7 Prozent |
1995 | 1,7 Prozent |
1996 | 1,5 Prozent |
1997 | 1,9 Prozent |
1998 | 0,9 Prozent |
2000 | 1,4 Prozent |
2001 | 2,0 Prozent |
2002 | 1,4 Prozent |
2003 | 1,1 Prozent |
2004 | 1,6 Prozent |
2005 | 2,0 Prozent |
2006 | 1,7 Prozent |
2007 | 2,4 Prozent (September) |
*bis 1991 früheres Bundesgebiet, ab 1992 Deutschland gesamt |
Glaubt irgendjemand im Ernst, dass bei einer höheren Inflationsrate, die angesichts der unverantwortlichen Politik der Zentralbanken durchaus nicht unwahrscheinlich ist, die Politiker die Kappungsgrenze wieder aufheben oder erhöhen werden? Gerade in einer solchen Situation wird der „Mieterschutz“ hohe Priorität genießen.
4. Der Mietenspiegel, der Basis für Mieterhöhungen ist, soll künftig noch stärker politisch manipuliert werden, als das ohnehin heute schon der Fall ist. In der Vereinbarung der künftigen Koalitionäre heißt es, der Mietenspiegel solle auf eine breitere Basis gestellt und realitätsnäher dargestellt werden. Das ist jedoch ein Euphemismus. Der GdW kritisiert zu Recht: „Nach der bisherigen Systematik ist die ortsübliche Vergleichsmiete eine marktorientierte Durchschnittsmiete. Eine Erweiterung des Zeitraums zur Bestimmung dieser auf über vier Jahre hinaus, würde die bestehende Systematik der Marktüblichkeit ohne Not aufgeben und die Wirtschaftlichkeit der Vermietung deutlich in Frage stellen. Denn Mieten, die z. B. noch vor zehn Jahren verlangt wurden, sind allein unter Berücksichtigung der Preissteigerung beim Bau und sonstiger Lebenshaltungskosten heute weder marktüblich noch rentabel.“ Zudem wird natürlich der Mietspiegel schon allein durch die Mietpreisbremse bei der Neuvermietung über die Jahre immer stärker nach unten gedrückt, es gibt sozusagen eine sich selbst verstärkende negative Dynamik.