Portfolio in der Krise: Aktien, Anleihen, Bankkonto, Immobilien und Gold

Erschienen am 4. April 2020

Die Krise sollte Anlass sein, das eigene Portfolio zu überprüfen – vielleicht aber auch einige verbreitete Anlagemythen.

In den vergangenen Jahren wurden Investoren, die ihr Geld in Staatsanleihen anlegen, oft belächelt. Als ich vor einigen Wochen ein Interview gab und erklärte, dass ich einen Teil meines Geldes in Staatsanleihen investiert habe, schrieb ein Hörer, er habe das Interview sofort abgeschaltet, weil ich damit ja bewiesen habe, dass ich keine Ahnung hätte. Schließlich brächten Anleihen keine Zinsen oder seien sogar negativ verzinst.

Warum Staatsanleihen?

Natürlich weiß ich das auch. Warum habe ich dennoch einen Teil meines Geldes in Hiqh-Quality-Anleihen investiert? Weil ich auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein wollte, unter anderem auf das, was wir gerade erleben. Nehmen wir an, Aktien verlieren 30% und ich bin zu 100% in Aktien investiert, dann beträgt mein Verlust logischerweise auch 30%. Bei einem Anleihenanteil von 50% würde der Verlust des Gesamtportfolios dagegen nur 15% betragen.

Anleihen haben über viele Jahre positive Gesamtrenditen gebracht, wenn man nicht nur die laufende Verzinsung berücksichtigt, sondern die Gesamtrendite aus Zinsen und Kurssteigerungen. Das galt so lange, wie die Zinsen gesunken sind – also über einen sehr langen Zeitraum. Seit die Zinsen bei Null angekommen sind, ist klar, dass sich dies so nicht fortsetzen kann.

Ist es dann also dennoch sinnvoll, in eine Assetklasse zu investieren, die keine oder sogar eine negative Verzinsung erzielt?

Anleihen haben stets vor allem eine stabilisierende Funktion in einem Portfolio. Gerd Kommer zeigt dass „die Renditen der ‚risikofreien Anlage’ (Geldmarktrendite) im langfristigen Durchschnitt letztlich seit vielen Jahrzehnten nahe null oder sogar negativ waren, vorausgesetzt man berücksichtigt Inflation, Steuern und Kosten und vorausgesetzt man betreibt kein Data Mining, pickt also nicht bestimmte Länder oder Zeiträume gezielt heraus, um spezifische Ergebnisse zu zeigen, wie es die Finanzbranche und die meisten Finanzmedien leider ständig tun.“

Negative Geldmarktrenditen nach Inflation, Steuern und Kosten sind, so weist er nach, die historische Regel und eben nicht die Ausnahme; sie sind keineswegs ein Phänomen nur der letzten Jahre, wie in der öffentlichen Diskussion immer wieder suggeriert wird.

Ich selbst habe ein stark immobilienlastiges Portfolio (54%), weil das die Assetklasse ist, wo ich mich am besten auskenne. Ich habe jedoch auch innerhalb dieses Portfolios auf Diversifikation geachtet, also beispielsweise sowohl direkt in deutsche Wohnimmobilien investiert als auch in einen institutionellen Fonds, der in amerikanische Gewerbeimmobilien anlegt. Der Aktienanteil in meinem Portfolio liegt bei ca. 15%, physisches Gold bei 4%.

Der Anleihen-Anteil in meinem Portfolio beträgt 22%. Ich habe in kurz laufende US-Staatsanleihen und kurz laufende Österreich-Anleihen investiert. Warum? Ich halte es aus Gründen der Währungsdiversifikation für wichtig, mit maßgeblichen Teilen des Portfolios nicht nur im Euro-Raum, sondern auch im Dollar investiert zu sein, zumal ich dem Euro langfristig noch weniger traue als dem Dollar. Daher habe ich einen Teil in US-Anleihen investiert. Warum nur mit einer kurzen Laufzeit (12 bis 24 Monate)? Weil mir das Kursrisiko z.B. bei Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit zu groß ist. Irgendwann werden Inflation und Zinsen wieder steigen und dann werden Anleihen mit langer Restlaufzeit Kurseinbußen erleiden.

Zusätzlich habe ich in inflationsindexierte Staatsanleihen investiert, da ich grundsätzlich bei meinen Investments auf verschiedene Risiken vorbereitet sein möchte, inklusive auf solche, die derzeit unwahrscheinlich erscheinen. Ich habe mich hier nicht für eine Direktanlage entschieden, sondern für einen ETF, der bestimmte Kursrisiken, die es bei inflationsindexierten Anleihen gibt, durch Absicherungen ausgleicht.

Keine großen Summen auf Bankkonten

Schon seit dem Jahr 2008 vermeide ich es, größere Beträge über längere Zeit auf dem Bankkonto zu haben und lege das Geld stattdessen lieber in Staatsanleihen an. Die meisten Menschen verstehen nicht, dass ein Bankkonto nichts anderes heißt, als einer Bank Geld zu leihen, und zwar ohne dafür eine Sicherheit zu haben. Die staatliche Absicherung gilt nur bis 100.000 Euro und die privatwirtschaftlichen Absicherungssysteme von Banken (Einlagensicherungsfonds) würden im Fall eines wirklich massiven Finanzcrashs nichts helfen. Ich hatte mal die Diskussion mit einem befreundeten Unternehmer, der sogar mehrere Millionen Euro für längere Zeit auf einem Tagesgeldkonto hatte. Als ich ihn fragte, ob er keine Angst vor einer Bankpleite habe, entgegnete er, dass er sicher sei, der Staat werde die von ihm gewählte Bank „retten“, da diese als „systemrelevant“ gilt. Ich überzeugte ihn schließlich mit dieser Frage: „Wenn Sie die Wahl haben, Ihr Geld Herrn Müller oder Herrn Meyer zu leihen, wobei Meyer die schlechtere Bonität hat und beide geben ihnen praktisch keine Zinsen: Leihen Sie es dann lieber Meyer oder Müller? Ich jedenfalls würde es nicht Meyer nur in der Hoffnung leihen, dass Müller ihn rettet, sondern es dann lieber gleich Müller leihen.“ Müller ist der Staat, Meyer ist die Bank.

Manche Skeptiker argumentieren, auch ein Staat könne Pleite gehen, daher seien auch Staatsanleihen keineswegs „risikolos“. Das ist richtig und in der Geschichte schon häufig passiert. Es gibt gar nicht so viele Länder (z.B. die USA), die noch niemals pleite waren. Griechenland war sogar den größten Teil seiner Geschichte pleite und Deutschland auch schon mehrfach. Dennoch ist das Risiko, dass eine Bank Pleite geht und mir der Staat dann nur 100.000 Euro ersetzt, natürlich deutlich größer als das Risiko eines Staatsbankrotts von Deutschland, Österreich oder den USA.

Besser in Sachwerte?

Gegner von Anleihen argumentieren manchmal, wegen solcher möglichen Szenarien solle man sein Geld in „Sachwerte“ investieren, denn diese seien stets sicher. Das ist natürlich abwegig. Man muss sich nur mal mit der Geschichte der Weimarer Republik und der frühen Bundesrepublik beschäftigen, als der Staat Immobilien mit Zwangshypotheken belastete. Immobilien sind auch insofern riskant, als der Staat darauf gerne und leicht zugreifen kann, während er bei liquiden Anlagen stets befürchten muss, dass diese vor ihm versteckt oder ins Ausland verschoben werden.

Immobilien sind keineswegs sicher bei politischen Umbrüchen und Krisen. Gewerbeimmobilien sind direkt von Wirtschaftskrisen betroffen, wie wir jetzt bald erleben werden. Wohnimmobilien sind in dieser Beziehung sicherer, aber andererseits besonders gefährdet von politischen Regulierungen – wie die vergangenen Jahre mit der Mietpreisbremse, dem Mietendeckel und ähnlichen sozialistischen Maßnahmen gezeigt haben. Wegen der politischen Risiken und dem aus meiner Sicht irrational hohen Preisniveau habe ich daher einen Großteil meiner deutschen Immobilien – insofern sie nicht noch in der Spekulationsfrist gefangen sind – in den vergangenen Jahren verkauft.

Auch Gold ist keineswegs immer sicher, wie manchmal behauptet wird. Es gab Phasen in der Geschichte, da wurde Goldbesitz sogar verboten, in praktisch allen westlichen Ländern. Dennoch halte ich es für sinnvoll, einen Teil des Geldes auch in physisches Gold zu investieren, und ich habe dies bereits 2003/2004 empfohlen und auch selbst getan – und seitdem gehalten. In einer Finanzkrise kann zwar auch Gold vorübergehend an Wert verlieren, jedoch sehe ich es als „Versicherung“ im Falle von extremen Szenarien.

Also: Ganz sichere Anlagen gibt es nicht, aber jeder sollte sich Gedanken machen, wie er sein Portfolio so strukturiert, dass bei Eintritt unterschiedlicher – positiver wie negativer – Szenarien sowohl Chancen genutzt als auch Risiken begrenzt werden können.

Chancen in der Krise

Täglich wurde ich in den vergangenen Jahren von jungen Menschen gefragt, wie sie ihr Geld anlegen sollten, ob sie zum Beispiel Immobilien oder Aktien kaufen sollten. Ich antwortete immer das gleiche: „Derzeit ist alles ziemlich teurer, legt das Geld beiseite und fangt an, einzusteigen, wenn es kracht.“ Im globalen Aktienmarkt hat es nun gekracht. Wer einen langfristigen Anlagehorizont hat (damit meine ich stets: 10 Jahre plus!) könnte jetzt mit einem Sparplan in einen weltweit anlegenden Aktien-ETF beginnen. Auf jeden Fall ist jetzt ein wesentlich besserer Zeitpunkt als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in den vergangenen Jahren. Voraussetzung ist allerdings, dass man erstens wirklich diesen langfristigen Anlagezeitraum hat und, dass man darauf vorbereitet ist, dass der Fondsanteil in den nächsten Wochen und Monaten durchaus weiter verlieren kann.

Das ist bei antizyklischen Investments jedoch stets so: Nach dem Kauf muss ich in der Regel zuschauen, wie der Preis weiter sinkt und nach dem Verkauf, wie er weiter steigt. Das ist logisch, denn sonst hätte ich ja beim Kauf genau den tiefsten und beim Verkauf exakt den höchsten Punkt erwischt – und das ist extrem unwahrscheinlich. Wenn ich in den vergangenen Jahren nach dem Verkauf von Immobilien gefragt wurde, ob ich nicht glaube, dass die Preise weiter steigen, habe ich daher stets mit „Ja“ geantwortet. Und wenn mich jetzt jemand fragt, ob ich nicht glaube, dass die Aktien weiter sinken, dann antworte ich: „Doch vermutlich schon.“ Warum ich einen Aktien-ETF bei ca. 30 Prozent unter dem Höchsttand nachgekauft habe und nicht warte, bis der tiefste Punkt erreicht ist? Weil ich kein Hellseher bin. Es ist selten möglich, genau am tiefsten Punkt einzusteigen und auch nicht wichtig, genau am höchsten Punkt zu verkaufen. Es genügt, wenn ich in der Nähe dieser Punkte kaufe bzw. verkaufe.

Von Immobilien rate ich derzeit ab, auch wenn sie im Preis fallen. Die Preise sind extrem überhöht und es wird viele Monate, wenn nicht sogar Jahre dauern, bis diese weit genug gefallen sind. Und bei Wohnimmobilien geht der langfristige Trend eindeutig in Richtung immer stärkerer Regulierung, so dass dem Eigentümer am Schluss zwar noch der Rechtstitel des Eigentums bleibt, jedoch die Verfügungsgewalt sukzessive in staatliche Hände übergeht. Und denken Sie auch daran: Wenn Sie z.B. im Fall eines Wahlsieges von Rotrotgrün das Land verlassen wollen, dann sind zu viele Immobilien ein Klotz am Bein.

Mehr Informationen – als Buch und als Audible: http://www.reichwerdenundbleiben.net/

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.