Offene und geschlossene Fonds haben die schwerste Krise seit Jahrzehnten hinter sich. Der Markt ist in weiten Teilen zusammengebrochen. Die Zahl der früher bedeutenden Fondshäuser, die sich vom Markt zurückziehen mussten, spricht eine klare Sprache. Überlebt haben jene, die über eine Asset-Management-Kompetenz verfügen und die sich spezialisiert haben.
Einige Beispiele von erfolgreichen Unternehmen möchte ich Ihnen zum Beleg für diese These nennen. Viele davon sind übrigens seit vielen Jahren Kunde unseres Beratungsunternehmens, und ich konnte deren Entwicklung genau verfolgen:
Bei einem Spezialisten wie Jamestown läuft es hervorragend – sowohl im Privatkundengeschäft wie auch im institutionellen Geschäft. Völlig entgegen dem Markttrend sammelte der Spezialist für US-Immobilien im vergangenen Jahr 700 Millionen Dollar Eigenkapital ein, davon allein 384 Millionen Dollar bei Privatanlegern. Das war das drittbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte – in einem Jahr, als das Geschäft mit geschlossenen Fonds insgesamt schwächer war als je zuvor.
Im Spezialfonds-Bereich sammeln Spezialisten wie Beos (Unternehmensimmobilien) oder Redos (großflächiger Einzelhandel) mühelos dreistellige Millionen-Summen bei institutionellen Investoren ein.
Auch Spezialisten für das Asset-Management von Wohnimmobilien – so etwa Wertgrund oder d.i.i. – haben keinerlei Mühe, bei privaten und institutionellen Investoren erhebliche Mittel für ihre Fondslösungen oder für Einzelmandate einzusammeln.
Einst sehr erfolgreiche Vertriebsmaschinen – wie etwa MPC oder Ideenkapital – sind dagegen praktisch vom Markt verschwunden. Sie waren angeblich überall kompetent – bei Schiffen und Private Equity, bei deutschen und amerikanischen Immobilien, bei Filmfonds und bei gebrauchten Lebensversicherungen, bei Flugzeugen usw. usf. Zum Schluss haben sie jedoch in kaum einem Segment wirklich überzeugende Ergebnisse abgeliefert.
Heute genügt es nicht mehr, nur im Vertrieb Kompetenz zu haben, so wichtig das nach wie vor ist. Private und institutionelle Investoren sind kritischer geworden. Sie vertrauen eher den Spezialisten als den Generalisten. Deshalb haben sich heute auch im Bereich der geschlossenen Fonds jene Anbieter, die früher eine Vielzahl von Assetklassen und Fondstypen anboten, auf nur noch eine oder zwei Assetklassen spezialisiert – und damit erheblich an Glaubwürdigkeit gewonnen.
Auch bei den Spezialfonds-Anbietern ist eine Tendenz zur Spezialisierung festzustellen. Erinnern Sie sich noch, als die oik den Markt mit über 50 Prozent beherrschte? Damals gab es kaum spezialisierte Fonds. Die meisten Fonds investierten – so wie die Publikumsfonds auch – quer über alle Assetklassen (nur die Wohnungen ließen sie aus, was ein Fehler war). Dann kam die LB ImmoInvest mit ihren Baustein-Fonds, die Fonds für spezielle Nutzungsarten anboten. Heute gibt es praktisch nur noch Spezialfonds, die sich auf bestimmte Themen fokussieren. Und immer häufiger werden sie von spezialisierten Asset-Managern gemanagt.
Früher genügte es, einen schönen Prospekt mit „einfachen“ Immobilien zu ge-stalten (15 Jahre Mietvertrag mit Telekom) und dem Vertrieb eine tolle „Story“ zu erzählen (vielleicht vom Riesenrad in Singapur, von einer großen Ölplattform usw.). Für viele Jahre konnten einige Initiatoren damit eine Menge Geld verdienen. Aber heute sind sie vom Markt verschwunden.
Es lohnt sich auch für die Fondsindustrie, von Apple und Steve Jobs zu lernen. Apple hatte in den 90er Jahren denselben Fehler begangen wie viele andere Unternehmen auch und seine Produktpalette immer mehr ausgeweitet. Steve Jobs reduzierte dann 1998 die Anzahl der Produkte von 350 auf zehn. Zehn Jahre später erklärte er in einem Interview mit dem Fortune Magazine:
„Mit Sicherheit hatten die namhaften Unterhaltungselektronikfirmen früher Tausende von Produkten. Wir neigen dazu, uns wesentlich stärker zu fokussieren. Viele meinen, fokussieren bedeutet, Ja zu sagen zu den Dingen, auf die man sich konzentriert. Doch dem ist nicht so. Es bedeutet, Nein zu sagen zu hundert anderen guten Ideen, die es gibt.“