Staatliche Umweltregulierung kann manchmal mehr schaden als nützen

Erschienen am 15. Mai 2021

Das Beispiel der deutschen Energiepolitik zeigt, dass staatliche Regulierung manchmal mehr schadet als nützt.

Besonders, wenn Populismus und Ideologie das Handeln der Politik bestimmen und nicht eine rationale Chancen-Risiken-Abwägung.

Entgegen der allgemeinen Wahrnehmung haben sich weltweit in den vergangenen Jahrzehnten die Bedingungen für die Umwelt in den meisten Bereichen (Luftreinhaltung, Wasserqualität usw.) dramatisch verbessert. Wer mehr darüber erfahren will, sollte die Bücher „Aufklärung jetzt“ von Stephen Pinker und „Factfulness“ von Hans Rosling lesen. Beide Bücher zeigen, dass es eine große Kluft zwischen der pessimistischen Wahrnehmung und der tatsächlichen Entwicklung im Licht der Fakten gibt. Diese positive Entwicklung ist hauptsächlich der weltweiten Verbreitung wirtschaftlicher Freiheit zuzuschreiben, denn – dies zeigen zahlreiche Untersuchungen: die Umweltstandards sind in wirtschaftlich freien Ländern weitaus besser als in unfreien.

Natürlich haben auch sinnvolle Umweltschutzvorschriften und Gesetze zur Verbesserung beigetragen. Auch überzeugte Anhänger des Kapitalismus wie etwa Friedrich August von Hayek oder Milton Friedman haben immer erklärt, dass der Staat natürlich Spielregeln – rechtliche Rahmenbedingungen – für die Wirtschaft schaffen sollte. Hayek betonte, marktwirtschaftliches Denken sei nicht mit einer „Laissez-fair“-Politik zu verwechseln. Doch, und dies geht meist vergessen, oft führen solche staatlichen Regeln zum Umweltschutz nicht zu dem gut gemeinten Ziel, sondern zum genauen Gegenteil. Daran sollte man denken, wenn jetzt in Deutschland hektisch mehr und mehr Planziele und Umweltregulierungen gefordert und beschlossen werden – ganz nach dem Motto: mehr hilft mehr.

Die dümmste Energiepolitik der Welt

Ein negatives Beispiel dafür, dass gut gemeint noch lange nicht gut gemacht ist, ist die deutsche Umwelt- und Energiepolitik. Zwischen 1957 und 2004 wurden in Deutschland etwa 110 kerntechnische Anlagen in Betrieb genommen. Im Mittelpunkt der Umweltbewegung in Deutschland stand in den 70er- und 80er-Jahren die Forderung nach einem Ausstieg aus der Kernenergie. Kein Thema wurde von den Umweltbewegung so sehr in den Mittelpunkt gestellt wie die Forderung, die Kernkraftwerke stillzulegen.

Nachdem 1998 eine Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen an die Regierung kam, wurde das Ende der Kernenergie erstmals im Jahr 2000 in einem Vertrag der Bundesrepublik mit den verschiedenen Betreibergesellschaften geregelt. 2002 wurde das deutsche Atomgesetz auf Grundlage dieses Vertrags novelliert. Nachdem zwischenzeitlich (2010) dann doch noch einmal eine Laufzeitverlängerung beschlossen worden war, wurde diese nach der Naturkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 revidiert. Im Jahr 2022 soll das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz gehen.

Ein Hauptgrund, warum Deutschland trotz aller Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel nicht besser dasteht, war jedoch dieser Entschluss zum Atomausstieg, der dazu führte, dass das Land bei den CO2-Emissionen schlechter ist, als es möglich wäre, wenn Deutschland weiter auch auf Kernkraft setzten würde. Frankreich beispielsweise ist ansonsten im Umweltschutz sicher nicht besser als Deutschland, aber während Deutschland sukzessive die Kernkraftwerke abgeschaltet hat, ist der Anteil in Frankreich mit etwa 70 Prozent (2019) so hoch wie in keinem anderen Land. Deutschland liegt im allgemeinen Environmental Perfomance-Index (EPI) 2021 nur auf Platz 10, Frankreich jedoch deutlich weiter vorne auf Platz 5. Und dies liegt vor allem an der Kernenergie, denn im EPI-Klimaschutz-Index 2021 liegt Deutschland sogar nur auf Platz 14, aber Frankreich auf Platz 4.

Vorsichtig-diplomatisch formulieren die Yale-Forscher in ihrem EPI-Bericht 2021, „einige Analysten“ verträten die Meinung, dass der deutschen Atomausstieg dem Fortschritt des Landes beim Klimaschutz schaden könnte. Weniger diplomatisch, aber zutreffender, formulierte es 2019 das Wallstreet Journal, das Deutschland bescheinigte, die dümmste Energiepolitik der Welt zu betreiben.

Zur Rechtfertigung dieser Politik wurde mit den Gefahren der Nutzung der Kernernergie argumentiert, aber dabei wurden die Risiken maßlos übertrieben. Allein beim unterirdischen Kohleabbau starben zehntausende Menschen weltweit, bei Unfällen mit Kernkraftwerken nur ein kleiner Bruchteil davon. Immer wieder wurde von Kernenergie-Gegnern direkt oder durch diffuse Formulierungen der Eindruck erweckt, bei dem Reaktor-Unfall in Fukushima im Jahr 2011 seien 20.000 Menschen gestorben. Die Zahl 20.000 stimmt, aber diese Menschen starben als Folge des Tsunamis und nicht etwa an Folgen der Radioaktivität. Darüber, dass es heute eine moderne Generation von Kernkraftwerken gibt, die sogar noch sehr viel sicherer sind als die Kernkraftwerke alten Typus, wird in der Öffentlichkeit kaum gesprochen – die meisten Menschen wissen dies nicht einmal.

Populismus und Ideologie

Der Unfall von Fukushima war jedoch der Grund, warum in einer blitzartigen Aktion die Regierung von Angela Merkel beschloss, die deutschen Kernkraftwerke viel früher als geplant abzuschalten. Aber eigentlich war es nicht der Unfall an sich (der nicht einmal in Japan zu einer solchen Entscheidung führte), sondern die Tatsache, dass etwa zwei Wochen nach dem Unfall vom 11. März 2011 am 27.März 2011 Landtagswahlen in Baden-Württemberg stattfanden. Angela Merkel wollte in der damals aufgeheizten Atmosphäre den Grünen ein zentrales Wahlkampfthema wegnehmen. Doch nicht einmal das funktionierte. Denn die Grünen erzielten ein Rekordergebnis und stellten nach dieser Wahl das erste Mal in einem deutschen Bundesland den Ministerpräsidenten.

Dieses Beispiel zeigt, dass staatliche Eingriffe in die Wirtschaft, auch wenn der Umweltschutz als Motiv vorgegeben wird, oftmals nicht von rationalen Erwägungen im Hinblick auf die Umwelt getragen sind, sondern von Populismus und Ideologie. Und die Kernenergie ist nicht das einzige Beispiel. Alexander Neubauer führt in seinem Buch „Ökofimmel“ Dutzende Beispiele dafür an, wie staatliche Regulierung im Bereich des Umweltschutzes das Gegenteil dessen erreichen, was beabsichtigt ist. Im „Deutschen Ärzteblatt“ konnte man nachlesen, dass die hermetische Abdichtung des Wohnbereichs durch Wärmedämmung zu einer deutlichen Zunahme des Schimmelpilzbefalls in den Wohnungen geführt hat. Asthma, Lungenentzündungen und andere gefährliche Krankheiten können die Folge sein. In einigen US-Bundesstaaten wurde es wegen dieser gesundheitlichen Risiken bereits verboten, sein Haus mit Dämmplatten zu bekleben, in Deutschland wird es vorgeschrieben. Das spricht nicht gegen staatliche Vorschriften für Umweltschutz, aber wirtschaftliche Freiheit dient insgesamt viel besser dazu, unsere Umwelt zu schützen als staatlicher Dirigismus.

Rainer Zitelmann ist Autor des Buches „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“.

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