Warum wir keine Corona-Stufenpläne brauchen – Wir brauchen mehr Pragmatiker wie Palmer, Madsen und Kurz

Erschienen am 3. März 2021

Jeden Tag wird von einem deutschen Politiker gefordert, wir bräuchten endlich Pläne, Stufenpläne, Konzepte usw. In Wahrheit brauchen wir etwas ganz anderes.

Gestern bei Markus Lanz: Die anwesenden Gäste übertrafen sich darin, „Pläne“ im Kampf gegen Corona zu fordern. Darin waren sich alle einig, von dem unvermeidlichen Virologen (diesmal Professor Timo Ulrichs), der für mehr Planwirtschaft im Gesundheitssystem plädierte über die unvermeidliche Ethikrätin (diesmal die Theologin Petra Bahr). Und auch Alexander Graf Lambsdorff von der FDP forderte vehement Stufenpläne gegen Corona. Markus Lanz nickte stets zustimmend.

Erinnern Sie sich? Vor einigen Wochen forderten alle noch „Gipfel“ gegen Corona, die dann auch endlich wie gewünscht stattfanden: Impfgipfel, Wirtschaftsgipfel – weitere sollen folgen. Geholfen hat keiner dieser Gipfel.

Seit Monaten werden mit Begeisterung in verschiedenen Bundesländern – z.B. in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen – detaillierte Stufenpläne ausgearbeitet, auch die FDP hat einen entworfen. Ich zitierte sonst nicht Bertolt Brecht – außer ihn zu kritisieren – aber da fällt mir doch seine treffende „Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens“ ein:

„Ja, mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.“

Wir brauchen Pragmatiker

Nein, was wir brauchen sind keine Pläne, sondern das Gegenteil. Wir brauchen Leute, die pragmatisch zupacken so wie etwa der Grüne Boris Palmer in Tübingen, der parteilose Bürgermeister Claus Ruhe Madsen in Rostock oder zuletzt die Pragmatiker in der Stadt Krefeld, die bestehende Impfpläne einfach ignorierten, weil hunderttausende Impfdosen von Astrazeneca drohten, zum Ladenhüter zu werden. Oder Leute wie den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der die in Deutschland zur Staatsreligion erklärte „Europäische Lösung“ ignoriert und morgen zusammen mit der dänische Regierungschefin Mette Frederiksen in Israel mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit bei der Impfstoff-Versorgung schließen will. Kurz hat auch Fehler gemacht, aber er hat aus ihnen gelernt. Inzwischen werden in Österreich zehn Mal so viel Tests durchgeführt wie in Deutschland (übrigens oftmals mit in Deutschland entwickelten Tests) – während man hierzulande lange der Meinung war, es brauche eine dreijährige Ausbildung, um ein Wattestäbchen richtig in die Nase zu stecken.

Hemmschuh Ideologie

Die Pragmatiker, die experimentieren, die etwas wagen, waren schon immer die besseren Politiker als die ewigen Planer und Ideologen. Denn Ideologie ist es, die uns vor allem an der wirksamen Corona-Bekämpfung hindert. In Deutschland wurde der beste Impfstoff entwickelt und mit Hunderten Millionen Steuergeldern gefördert. Aber aus Furcht, irgendjemand könne Deutschland als „Impfstoffnationalisten“ kritisieren, befahl Angela Merkel, die Impfstoffbeschaffung an die EU zu delegieren und damit an Ursula Leyen, also an genau jene Frau, die ihre Unfähigkeit in Deutschland bereits als Verteidigungsministerin bewiesen hatte. Deutschland hat eine Corona-Warnapp entwickelt, die von Merkels Kanzleramtsminister Helge Braun als beste der Welt gepriesen wurde, die jedoch nutzlos ist. Einer der Gründe: In Deutschland steht Datenschutz ebenso über dem Schutz von Menschenleben wie über dem wirtschaftlichen Existenzrecht von zehntausenden Unternehmen und Selbstständigen. Deutschland war nicht bereit, von Ländern zu lernen, die weit besser als wir mit der Corona-Krise fertig wurden – so etwa Taiwan oder Südkorea. Und Deutschland war nicht bereit, den Weg bei der Impfstoffbeschaffung zu gehen, den Länder wie Israel oder Großbritannien gegangen sind.

Erfolgreiche Unternehmer halten nichts vom Planen

Der Rostocker Bürgermeister ist kein Berufspolitiker, sondern Unternehmer. Das ist kein Zufall. Der 2002 bis 2013 als Bürgermeister von New York erfolgreiche Unternehmer Michael Bloomberg ist ebenfalls Unternehmer. Heute ist er mit einem Vermögen von 55 Milliarden Dollar einer der reichsten Menschen der Welt. Eine seiner wichtigsten Erfahrungen ist, so schreibt er in seiner Autobiografie, dass rigide Planung mehr schaden als nutzen kann: „Sie werden unweigerlich auf andere Schwierigkeiten stoßen, als Sie eigentlich eingeplant hatten. Und dann heißt es ‚Zick’, obwohl das Reißbrett gerade ‚Zack’ vorsieht. Lassen Sie sich nicht von einer detaillierten, rigiden Planung behindern, wenn Sie sofort reagieren müssen…. Letzten Endes heißt die Frage wieder: planen oder handeln? Wir handeln vom ersten Tag an; andere planen – monatelang.“

Wer ein neues Unternehmen gründet, sollte sich nicht sklavisch an einen vorgefertigten Plan halten, sondern offen sein, stets Neues dazuzulernen und zu experimentieren: „Hypothesen enthalten so viele Variablen, und das Wissen, das man über sein neues Geschäft besitzt, ist so begrenzt, dass alle detaillierten Analysen meistens irrelevant sind.“

Jack Ma, der Gründer von Alibaba ist heute mit einem Vermögen von 48 Milliarden Dollar der reichste Mann Chinas. Als er sein Unternehmen startete, versuchte er in Palo Alto im Silicon Valley Geld von Venture Capital-Finanziern aufzutreiben. Die Investoren hatten erwartet, dass er einen fertig ausgearbeiteten Businessplan präsentieren würde. Aber Jack Ma hatte ebenso wenig einen Business-Plan wie Bloomberg. Sein Motto lautete: „Wenn du planst, verlierst du. Wenn du nicht planst, gewinnst du.“

Vielleicht ist das zu extrem formuliert. Aber die Politiker-Begeisterung in Deutschland für immer neue Pläne und Konzepte führt uns nicht weiter. Was uns am erfolgreichen Kampf gegen Corona hindert, sind nicht zu wenig Pläne, sondern die in Deutschland besonders verhängnisvolle Symbiose von Ideologie und Bürokratie, die pragmatische Lösungen verhindert.

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