Wenn die Türkei den Flüchtlingspakt kündigt, müsste Merkel zurücktreten

Erschienen am 3. August 2016

Angela Merkel hat zur Bewältigung der Flüchtlingskrise alles auf den Pakt mit der Türkei gesetzt. Einen „Plan B“ habe sie nicht, so erklärte sie ausdrücklich. Es handele sich um eine alternativlose Politik. Was ist, wenn nun die Türkei mit ihrer Drohung ernst macht und den Pakt aufkündigt?

In diesem Fall müsste die Kanzlerin eigentlich zurücktreten, denn dann wäre das Scheitern ihrer Politik offensichtlich. Die „Verteilung“ der Flüchtlinge, die von der EU beschlossen wurde – ein weiteres Kernstück der Politik Merkels – ist ebenfalls komplett gescheitert. Merkel war damals sehr stolz auf diesen Beschluss der EU, der im September 2015 gefasst wurde. Die vereinbarten Quoten wurden jedoch nicht erfüllt, der Beschluss ist das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt wurde. Bald ist es ein Jahr her, dass die EU die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen auf andere Länder beschlossen hat. Tatsächlich ist jedoch fast ein Jahr nach diesem Beschluss nur ein Prozent (!) der Flüchtlinge verteilt.

Das ist also die Bilanz der Merkelschen Flüchtlingspolitik:

  1. Die Verteilung der Flüchtlinge auf Europa ist komplett gescheitert.
  2. Der Pakt mit der Türkei steht ebenfalls vor dem Scheitern. Entweder lässt Europa sich erpressen oder es droht die Aufkündigung des Paktes.
  3. Ein „Plan B“, wie er jetzt vehement von den Griechen gefordert wird, ist nicht in Sicht.

Die Schließung der Balkanroute, die zur starken Reduktion des Flüchtlingsstromes geführt hat, wurde von Angela Merkel vehement abgelehnt. Sie profitiert jedoch erheblich von dieser Maßnahme, denn andernfalls hätte der Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland angehalten.

Verteidiger von Merkel werden vielleicht einwenden, man habe all dies nicht voraussehen können. Doch, man konnte. In Deutschland und Europa gab es genügend gut begründete Warnungen davor, sich in einem solch hohen Maß von der Türkei abhängig zu machen. Und schon beim Beschluss der „Umverteilung“ war klar, dass sich die meisten Länder nicht daran halten würden.

„Wir schaffen das“, ist die autosuggestive Beschwörungsformel von Angela Merkel. Aber die Antwort auf die Frage „wie?“ ist sie schuldig geblieben. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass sie nicht zurücktreten wird. Leider gibt es in der CDU-Fraktion nicht genügend verantwortungsbewusste Persönlichkeiten, die sie zu einem Rücktritt zwingen würden. Und die Schwesterpartei CSU schimpft zwar und kritisiert Merkel mit richtigen Argumenten. Aber das ändert faktisch gar nichts. Von der lautstark angedrohten Klage Bayerns gegen die Bundesregierung hat man nichts mehr gehört. Würde sich die CSU bundesweit zur Wahl stellen, dann würden sich viele Unionswähler (und sicher auch viele, die jetzt aus Protest AfD wählen) für sie entscheiden. Aber aus Angst vor dem Machtverlust in Bayern tut sie das nicht. Gäbe es denn in der Union eine Alternative zu Merkel? Wolfgang Bosbach wäre einer, den sich viele Deutsche als Kanzler wünschen würden. Doch leider ist er unheilbar krank.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.