Zwei wichtige Themen für 2013: § 23 EStG – Private REIT

Erschienen am 29. Oktober 2012

Die IMMOBILIEN ZEITUNG hat das Thema § 23 prominent behandelt – bislang wird es in der Immobilienwirtschaft weitgehend verdrängt. Man will keine „schlafenden Hunde wecken“, aber es ist sehr naiv zu glauben, dass die Politiker schlafen, wenn es um naheliegende Möglichkeiten geht, Steuermehreinnahmen zu generieren.
In der nächsten Legislaturperiode muss die Immobilienwirtschaft alle Anstrengungen aufbringen, um zwei Dinge zu erreichen:
1. Bei der leider zu erwartenden Änderung von § 23 EStG wird es darum gehen, für eine moderate Übergangsregelung und für moderate Steuersätze zu streiten.
2. Es gilt, alle Anstrengungen zu unternehmen, für die Zulassung von Private REITs zu kämpfen.

§ 23 EStG: Die GRÜNEN und die LINKEN streiten ganz offen für die Abschaffung der Spekulationsfrist, die SPD und die CDU halten sich offiziell noch bedeckt. Ich bin jedoch sicher: Rot-Grün würde den § 23 auf jeden Fall ändern, und eine Große Koalition ebenso. Offiziell will man das nicht sagen, aber hinter vorgehaltener Hand gilt die Abschaffung der Spekulationsfrist in der nächsten Legislaturperiode als ausgemachte Sache. In Gesprächen mit Vertretern des BMF wird kein Hehl daraus gemacht, dass man entsprechende Änderungen erwartet und vorantreiben will.

Vielen Politikern – nicht nur aus dem linken Lager – ist es ein Dorn im Auge, dass Veräußerungsgewinne von Wertpapieren seit Einführung der Abgeltungssteuer unabhängig von Haltefristen zu versteuern sind, während solche von Immobilien nach zehn Jahren steuerfrei bleiben. Zudem wird gerne darauf verwiesen, dass in den meisten anderen Ländern Veräußerungsgewinne von Immobilien versteuert werden müssen. Politiker sind bekanntlich immer sehr gut darin, andere Länder zu finden, in denen bestimmte Steuern höher sind als hierzulande, was natürlich als dramatischer Missstand empfunden wird.

Mit Blick auf eine mögliche Änderung von § 23 EStG lautet die alles entscheidende Frage – neben der Höhe des dann anzuwendenden Steuersatzes -, wie dann eine Übergangsregelung ausgestaltet würde. Eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 7. Juli 2010 – 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05), die zur Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre zum 1.Januar 1999 ergangen ist, gibt der Politik leider freie Hand, eine Übergangsregelung zu beschließen, bei der nur solche Immobilien verschont werden, die bei Inkraftreten der Neuregelung bereits aus der Spekulationsfrist herausgefallen sind. Denn es wird in dem genannten Beschluss ausdrücklich gesagt, es sei keine Übergangsregelung verfassungsmäßig geboten, die alle vor dem Stichtag des neuen Gesetzes erworbenen Immobilien schützt.

Eine Übergangsregelung bei einer Neuregelung von § 23 EStG auf Basis des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes würde demnach so aussehen, dass alle Immobilien von einer Neuregelung ausgenommen werden, die bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits aus der (heute zehnjährigen) Steuerverstrickung herausgefallen sind und bei den anderen Grundstücken nur die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erzielten Wertsteigerungen besteuert werden. Dies würde eigentlich dazu führen, dass sämtliche im Privatbesitz befindlichen vermieteten Immobilien an dem Stichtag des Inkrafttretens der Neuregelung durch Gutachter bewertet werden müssten. Allerdings hat das BMF für die Verlängerung der Spekulationsfirst auf zehn Jahre eine Vereinfachungsregelung geschaffen, nach der die Wertsteigerung linear auf die Zeit zwischen Anschaffung und Veräußerung verteilt wird.

Ich fände eine Übergangsregelung auf Basis des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes unbefriedigend und hochgradig ungerecht. Denn der Erwerber einer Immobilie hat sie ja unter der wirtschaftlichen Prämisse erworben, sie nach Ablauf der Zehnjahresfrist steuerfrei verkaufen zu können. Das Bundesverfassungsgericht meint, man müsse dem Anleger eine Enttäuschung dieser Erwartung zumuten. Damit wird jedoch die wirtschaftliche Kalkulation mancher Investition Makulatur.

Es gibt indes gute Argumente, die für eine Übergangsregelung sprechen, welche auf den Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie abstellt. Als in den Jahren 2005 die Steuerprivilegien für Lebensversicherungen abgeschafft wurden bzw. im Jahre 2009 die Abgeltungssteuer für Wertpapiere eingeführt wurde, wurden von den Neuregelungen bewusst alle Altfälle ausgenommen. Was bei Lebensversicherungen und Wertpapieren vom Gesetzgeber als fair erachtet wurde, wäre aus meiner Sicht auch die einzig faire Regelung für Immobilien. Warum soll Immobilienerwerbern eine Enttäuschung ihrer wirtschaftlichen Disposition, die sie zum Zeitpunkt des Erwerbs vorgenommen haben, zugemutet werden, Erwerbern von Wertpapieren und von Lebensversicherungen jedoch nicht? Ich finde daher, eine faire Übergangsregelung müsste – anders als von den Karlsruher Richtern gefordert – auf den Zeitpunkt des Erwerbs abstellen und alle vor dem Inkrafttreten einer Neuregelung erworbenen Immobilien nach dem bis dahin geltenden Recht behandeln.

Es wird jedoch nicht leicht sein, eine solche faire Übergangsregelung durchzusetzen. Denn sie würde unmittelbar kein Geld in die Haushaltskasse spülen. Da aber genau dies die Absicht des Gesetzgebers bei einer Neuregelung wäre, ist es schon deshalb unwahrscheinlich, dass er sich für eine Übergangsregelung entscheiden würde, die ähnlich jener für Lebensversicherungen oder Wertpapiere ausgestaltet ist. Der Gesetzgeber würde sich mit Sicherheit auf die Karlsruher Entscheidung beziehen und nur jene Immobilien schützen, die bereits aus der Steuerverstrickung herausgefallen waren.

Das Beispiel Österreich, auf das der Artikel der IMMOBILIEN ZEITUNG Bezug nimmt, ist eine Warnung. Dort wurde in diesem Jahr bereits die zehnjährige Spekulationsfrist für Immobilien abgeschafft. Bis dahin galt in Österreich – ebenso wie in Deutschland – die Regelung, dass im Privatbesitz gehaltene Immobilien nach Ablauf einer Haltefrist von zehn Jahren steuerfrei verkauft werden können. Die Übergangsregelung in Österreich sieht wie folgt aus: Bei Immobilien, die bereits aus der Steuerverstrickung herausgefallen waren (die also vor dem 1.April 2002 angeschafft wurden) wird ein Steuersatz von 3,5% (bezogen auf den Veräußerungserlös) eingeführt. Für alle Immobilien, die heute noch steuerverstrickt sind, gilt jedoch die Neuregelung. Das sollte uns eine Warnung sein!

Die Verbände der Immobilienwirtschaft sollten sich unbedingt schon jetzt darauf einstellen, dass der Gesetzgeber hier in der nächsten Legislaturperiode aktiv werden wird. Es ist naiv zu glauben, dass die Regelung so bleibt wie sie ist, und den Kopf in den Sand zu stecken.

Private REITs: Als die REITs nach jahrelangem Ringen in Deutschland eingeführt wurden, wurde leider – anders als in den meisten anderen Ländern, wo es REITs gibt -, die Börsennotierung zur Pflicht gemacht. Hintergrund war, dass der BVI REITs eigentlich nicht mochte, weil er sie als Konkurrenzprodukt zu den offenen Immobilienfonds empfand. Und die „Initiative Finanzstandort Deutschland“, der die Einführung von REITs maßgeblich zu verdanken ist, war vor allem daran interessiert, dass es Börsengänge in diesem Segment gibt. Aber schon damals war abzusehen, dass deutsche institutionelle Investoren den REIT nur dann annehmen werden, wenn er nicht börsennotiert ist. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hatte das klipp und klar gesagt.

Leider wurden die guten Argumente, die seinerzeit z. B. vom BFW für den Private REIT vorgetragen wurden, ignoriert. Das ist einer der Gründe, warum der REIT bislang in Deutschland nicht so recht funktioniert. Statt der damals erwarteten Marktkapitalisierung von über 120 Mrd. Euro beträgt sie nur etwas mehr als eine Milliarde, die Erwartungen wurden also um 99% verfehlt.

Der Private REIT wäre jedoch das ideale Vehikel für private und institutionelle Immobilieninvestoren aus dem In- und Ausland. Es ist heute umso wichtiger, ein solches Vehikel einzuführen, weil sich offene und geschlossene Immobilienfonds in der größten Krise ihrer Geschichte befinden. Wir brauchen ein weiteres, neues, international bekanntes Vehikel für die indirekte Immobilienanlage.

Die Hoffnung, dass das neue Kapitalanlagegesetzbuch mit der Investment AG neue Möglichkeiten zur Ausgestaltung attraktiver Vehikel gibt, teile ich dagegen nur bedingt. Es ist bislang noch völlig unklar, wie die steuerliche Ausgestaltung erfolgen wird. Und internationale Investoren fänden ein neues, spezifisch deutsches Investmentvehikel bestimmt auch nicht attraktiver als bisher den Spezialfonds. Wir brauchen ein Vehikel, das international eingeführt ist – und dies ist der REIT. Und damit der REIT funktioniert, muss es auch möglich sein, ihn als „Private REIT“ aufzulegen, damit man beispielsweise einen REIT wieder von der Börse nehmen kann, ohne dafür steuerlich bestraft zu werden.

Natürlich: Es wird ebenso schwer sein, dass REIT-Gesetz entsprechend zu ändern, wie es schwer sein wird, eine vernünftige Übergangsregelung und moderate Steuersätze für § 23 EStG durchzusetzen. Aber es kommt für die Immobilienverbände zunächst einmal darauf an, sich klare Ziele zu stecken – und dabei an einem Strang zu ziehen.

Leider wird es noch weitere Themen geben, denen man große Aufmerksamkeit widmen muss: So rechne ich bei einer rot-grünen Regierung mit der Einführung der Vermögenssteuer (auch bei einer Großen Koalition wäre das wahrscheinlich) sowie mit Änderungen des Mietrechtes zu Lasten der Vermieter.

Niemals war es wichtiger, dass die Immobilienwirtschaft eine starke und wirkungsvolle Lobby hat, als dies in der nächsten Legislaturperiode sein wird.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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