Schaden für die Branche

Erschienen am 5. Mai 2008

Die Verhaftung des wegen Kapitalanlagebetruges gesuchten Chefs von First Real Estate kann nicht überraschen. Es war seit geraumer Zeit bekannt, dass es sich – wie übrigens bei vielen Anleiheemittenten im Immobilienbereich – um eine höchst dubiose Firma handelt, die wahrscheinlich nach dem Schneeballsystem Tausende Anleger betrogen hat, die auf sichere Einkünfte aus Immobilien-Anleihen vertrauten. Etwa 40 Mio. Anlegergelder dürften vernichtet worden sein – im Schnitt sind das 5000 Euro pro betrogenem Anleger. Jeder Fall dieser Art zerstört Vertrauen in die Immobilienbranche bei Tausenden argloser Anleger, die bestimmt in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis nicht mehr positiv über Immobilien-Investments sprechen werden. Gleiches gilt vermutlich bald auch für die Anleger von manchen geschlossenen Dubai-Fonds, die jüngst ins Zwielicht geraten sind.

Schlimmer für die Branche sind jedoch die Nachrichten über die Verurteilung von Vertretern höchst angesehener Maklerunternehmen, die über eine ausgezeichnete Reputation verfügen. Denn es sind nicht irgendwelche
No-Names der Branche, die zu Gefängnisstrafen auf Bewährung verurteilt wurden. Es sind prominente Personen wie beispielsweise der ehemalige Deutschland-Chef von einem der weltweit renommiertesten Maklerunternehmen (JLL) und Lutz Aengevelt, eine der bekanntesten Personen der deutschen Immobilienbranche.

Aengevelt gehört, wie ich finde, zu den sympathischsten und interessantesten Persönlichkeiten der Branche. Und zwar gerade auch deshalb, weil er mit seinen Statements oft polarisiert. Es ist schon eine lange Tradition, dass er bzw. sein Bruder jeweils nach den großen Immobilienmessen Expo Real oder MIPIM in den größten deutschen Tageszeitungen in Namensbeiträgen ein meist ebenso kritisches wie treffendes Resümee der Messe ziehen – sozusagen stellvertretend für die Branche. Zu Recht finden Aengevelts Markteinschätzungen Gehör in der Branche. Er ist bekannt für offene und kritische Worte. Auch war Aengevelt Pionier für Immobilienaktivitäten in Moskau, wo er schon sehr frühzeitig ein Büro gegründet hatte. Und in Sachen wirksamer PR für sein Unternehmen macht er den meisten anderen Maklern etwas vor.

Umso enttäuschender ist, dass gerade eine solche herausragende Person der Immobilienwirtschaft scheinbar alle (Vor)urteile bestätigt, die es gegen unsere Branche gibt. Man darf gespannt sein, wie die Branche damit umgeht, dass einer aus ihrer Mitte rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt wurde.

Ich finde: Im Interesse der Hygiene der Branche muss diese endlich klar machen, dass Korruption kein Kavaliersdelikt ist. Sie schadet dem Wettbewerb, sie schadet in vielen Fällen auch betroffenen Anlegern und sie schadet vor allem dem Image der Branche.

Niemand sollte sich etwas vormachen: Das Image der Immobilienbranche ist nach wie vor schlecht. Was man in jedem Fernsehkrimi sehen kann, nämlich Makler, für die Bestechung zum Geschäft gehört, veranschaulicht sich nunmehr in der Wirklichkeit an prominenten Personen wie Holoch und Aengevelt.

Aengevelt wurde bereits vor zehn Monaten verurteilt und hatte dazu bislang geschwiegen. Offenbar hoffte er, dass die Verurteilung nicht herauskommen würde. Das war keine gute, sondern eine recht naive Strategie für Krisenkommunikation. Jetzt musste sein Pressesprecher die Verurteilung offiziell bestätigen und mitteilen, dass dieser keine Revision gegen das Urteil eingelegt habe. „Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass Lutz

Aengevelt bei einem Immobilien-Deal in Frankfurt einem Manager Schmiergeld gezahlt hat“ – so DIE WELT. Der bestochene Manager sei bereits zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Wie groß bzw. klein das Interesse der Branche an dem Thema ist, sei an zwei persönlichen Erlebnissen verdeutlicht: Von 140 Veranstaltungen, die ich im Rahmen der BERLINER IMMOBILIENRUNDE in den vergangenen zehn Jahren durchgeführt habe, war eine zum Thema „Korruptionsprävention in der Immobilienwirtschaft“ die mit Abstand am schlechtesten besuchte. Ich habe vor einigen Jahren den Kontakt zwischen Transparency International, der weltweit führenden Organisation für Korruptionsprävention, und der Immobilienbranche hergestellt. Das Interesse von Transparency an einem konstruktiv-kritischen Dialog war sehr groß – man nahm sich Zeit für lange Gespräche. Herausgekommen ist dabei nichts.

Der Branche ist das Thema unbequem. Man will nach jedem neuen Korruptionsskandal rasch zur Tagesordnung übergehen – mit Sprüchen wie „schwarze Schafe gibt es überall“ und „Korruption wird es immer geben“. Beides ist zwar richtig. Aber richtig ist auch, dass die Branche in der Verpflichtung steht, alles Erdenkliche zur Korruptionsprävention zu tun und sich sehr viel ernsthafter als in der Vergangenheit mit dem Thema zu befassen! Können wir uns wirklich ernsthaft damit trösten, dass es auch bei Unternehmen wie Siemens Korruption gibt?

Ich hätte großen Respekt vor Persönlichkeiten wie Aengevelt, wenn sich diese öffentlich selbstkritisch mit ihrem Fehlverhalten auseinandersetzen und ehrliche Reue zeigen würden. Sie sind das auch unserer Branche schuldig, der sie mit ihrem Verhalten geschadet haben.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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