Auf dem Weg zur DDRlight?

Erschienen am 2. März 2009

Das geht auch die Immobilienwirtschaft an! Faktisch wünscht sich jeder dritte Deutsche eine Planwirtschaft. Denn so viele Bürger sind der Meinung, der Staat solle die Ziele festlegen, die die Unternehmen erfüllen müssten.

Besonders merkwürdig finde ich es, dass viele Menschen in den neuen Bundesländern, die ja das Scheitern einer Planwirtschaft persönlich erlebt haben, besonders begeistert von staatlicher Kontrolle und Planung sind. Denn dort ist z.B. jeder Zweite der Meinung, der Staat solle kontrollieren, ob die Manager gut arbeiten und jeder Dritte möchte, dass der Staat die Investitionspläne von Unternehmen prüfen und genehmigen muss.

Wie gut der Staat all das kann, hat er ja gerade bei den Landesbanken und bei der IKB vorgemacht. Und selbst die kurze Geschichte des staatlichen Bankenrettungsfonds SoFFin ist eine Geschichte von Chaos und Verschwendung von Steuergeldern. Jüngstes Beispiel: Jetzt wird die VW-Bank gestützt, obwohl es im Gesetz zur Finanzmarktstabilisierung eindeutig heißt, dass die Mittel, die der Staat zur Verfügung stellt, systemrelevanten Instituten zugute kommen sollen, die wegen der Finanzkrise in Schwierigkeiten sind. Seit wann ist die VW-Bank eine systemrelevante Bank? Der Immobilienfinanzierer Aareal Bank soll ebenfalls 4,5 Mrd. Euro Staatshilfe bekommen, obwohl Vorstandschef Wolf Schumacher vor Kurzem sein Institut als „kerngesund“ bezeichnet hat. Sie will ihr Eigenkapital stärken und greift dabei auf die SoFFin zurück, weil es dort gerade am günstigsten ist.

Aktuell beschweren sich zu Recht die privaten Banken sowie jene Automobilunternehmen, die besser als Opel gewirtschaftet haben, über die gigantischen Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Hilfen. Die jüngste Frechheit: Die Bundesländer wollen für sich selbst die absurden Regelungen der Unternehmensteuerreform zum Untergang von Verlustvorträgen aussetzen. Diese Regelung, die ebenso unsinnig ist wie die Zinsschranke, soll nach wie vor gelten – nicht jedoch beim Einstieg der Bundesländer und einem späteren Verkauf von Landesbankbeteiligungen. Hier sollen, abweichend vom allgemeinen Steuerrecht, die Verlustvorträge erhalten bleiben. Ist der Staat also selbst von seinen unsinnigen Steuerregeln betroffen, setzt er diese einfach außer Kraft. Die private Wirtschaft soll sehen, wie sie damit leben kann…

Solche Beispiele bestätigen meine Befürchtung, dass der Ruf nach dem Staat rasch zu immer weiter ausufernden Staatsaktivitäten und Wettbewerbsverzerrungen führt.

In Wahrheit ist die derzeitige Finanzkrise keineswegs, anders als dies von der Politik behauptet wird, ein Ergebnis von „zu wenig“ Staat, sondern von „zu viel“ Staat. Die gigantischen (ehemals halbstaatlichen und jetzt staatlichen) Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddi in den USA, denen die Aufgabe zugeteilt wurde, sozialpolitische Utopien im Wohnungsbereich zu realisieren, tragen eine gehörige Mitschuld an der Misere. Und die Machbarkeits- und Allmachtsphantasien der Zentralbanken, insbesondere der FED, haben erst die Ursachen für die Bildung gigantischer Blasen und für deren Platzen gelegt.

Im öffentlichen Diskurs sind solche Einsichten offenbar nur wenigen Menschen zu vermitteln. Es gibt jedoch einen Hoffnungsschimmer. Es gibt in Deutschland immerhin mindestens ein Fünftel der Bürger, denen es bei „immer mehr Staat“ mulmig wird. „Die FDP zieht Gewinn daraus, dass die neue Rolle des Staates vielen unheimlich ist“, so die Allensbacher Demoskopin Renate Köcher. Die FDP kann derzeit in Umfragen 18% der Stimmen für sich verbuchen.

Die anderen Parteien schwimmen opportunistisch auf der Welle der Managerschelte und der Kapitalismus-Kritik mit – und befördern damit die geistige Verwirrung, die sich in Umfragen wie der oben zitierten ausdrückt. Beim Wirtschafts- und Mittelstandsflügel der CDU wächst der Unmut über den sozialdemokratischen Kurs der Parteiführung.

Wer hätte gedacht, dass nur zwei Jahrzehnte nach dem weltweiten Scheitern der sozialistischen Planwirtschaft diese für viele Menschen in der Bundesrepublik als erstrebenswertes Ideal erscheint? Ich befürchte, dass mit der Zuspitzung der Wirtschaftkrise immer mehr Menschen in Deutschland „dem Kapitalismus“ die Schuld geben und nach staatlicher Kontrolle, Verstaatlichung und staatlicher Aufsicht über die Unternehmen rufen.

Wie wird das alles enden? Eine Wiederkehr des Sozialismus, wie wir ihn in der UdSSR oder der DDR gesehen haben, ist wohl nicht zu befürchten. Eine DDRlight ist indes eine reale Gefahr. Verhältnisse, wie wir sie einstmals in Schweden hatten, wo Besserverdienende mit Steuersätzen von 85% und mehr zur Kasse gebeten wurden, wären ein Albtraum für Unternehmen und alle freiheitlich eingestellten Menschen. Planwirtschaft und Sozialismus sind in vielen Varianten auf der ganzen Welt ausprobiert worden – in Russland, in Kuba, in Nordkorea, in Schweden, in Jugoslawien, in der DDR, in Ungarn oder in China. Funktioniert hat er nirgendwo! Woher kommt dann die Sehnsucht nach einer Neuauflage planwirtschaftlicher Experimente?

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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