„Politik droht Banken mit Liebesentzug. Minister wollen Institute notfalls zur Kreditvergabe zwingen.“ Mit dieser Überschrift machte gestern die WELT AM SONNTAG auf Seite 1 auf. Weiter heißt es: „Erstmals drohen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor von Guttenberg (CSU) mit Zwangsmaßnahmen, die die Banken zur Weitergabe günstiger Zinsen der Europäischen Zentralbank an ihre Kunden bewegen sollen.“
Finanzminister Steinbrück droht: „Wenn es im zweiten Halbjahr zu einer echten Kreditklemme kommen sollte, wird sich die Bundesregierung mit der Bundesbank zusammensetzen und nach Lösungen suchen müssen… Dabei müsste man über Maßnahmen nachdenken, die es noch nicht gegeben hat.“ Unionsfraktionsvorsitzender Volker Kauder meinte: „Ich habe große Zweifel, dass die Banken verstehen, was die derzeitige Situation erfordert.“
Ich befürchte, auch der eine oder andere Immobilienunternehmer, der unter der restriktiven Kreditvergabepraxis der Banken leidet, könnte der Idee, der Staat müsse die Banken nun zur Kreditvergabe zwingen, etwas abgewinnen. Ich halte das jedoch für eine fatale Entwicklung, die meine schlimmsten Befürchtungen von einem Marsch in die staatliche Planwirtschaft leider bestätigt.
Der Staat reagiert kopflos auf die Krise. Verstaatlichung und Befehlswirtschaft – das sind die Rezepte, die aus der Krise führen sollen. Wo kommen wir aber hin, wenn Beamte den Banken diktieren, an wen und zu welchen Konditionen sie Kredite vergeben sollen? Sind wir dann nicht bereits in jenem planwirtschaftlichen System angelangt, das historisch so jämmerlich versagt hat? Die Staatsquote in Deutschland wird bald über 50% betragen und der verbliebene nicht-staatliche Teil der Wirtschaft soll nun unter staatliche Kommandohoheit gestellt werden.
Der Staat glaubt, er sei der bessere Banker. Bei den Landesbanken, der IKB und der KfW hat er indes die Unfähigkeit nachdrücklich unter Beweis gestellt. Die viel gescholtene Deutsche Bank, die als Sündenbock für die Krise herhalten muss, ist jedenfalls bisher ohne Staatseingriffe besser durch die Krise gekommen als die von Politikern beaufsichtigten Banken.
Ein weiteres Beispiel für den Trend zur Überregulierung ist das vergangene Woche verabschiedete Anlegerschutzgesetz. Etwa 40 Mio. Euro müssen Banken demnächst aufwenden, um Beratungsprotokolle anzufertigen und zu versenden. Jeder Anleger kann künftig risikofrei auf steigende Kurse von Wertpapieren spekulieren – auf Kosten der Bank. Und das funktioniert so: Wer telefonisch ein Wertpapier oder eine andere Geldanlage ordert, kann eine Woche nach Erhalt des Beratungsprotokolls dem Auftrag widersprechen. Steigt der Kurs des Papiers, widerspricht man nicht, fällt er, dann trägt die Bank das Risiko, denn der Anleger kann von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Zu Recht warnt der Zentrale Kreditausschuss, somit ergäbe sich für Bankkunden die Möglichkeit zu risikofreier Spekulation.
Dieses Beispiel zeigt: Die Politik hat in Wahrheit keine probaten Antworten auf die Krise. Statt einer differenzierten Analyse über deren Ursache herrscht blinder Aktionismus. Marode Unternehmen werden mit Steuergeldern unterstützt, Manager beschimpft und Banken mit Zwangsmaßnahmen bedroht. Die Politik ist das Hauptrisiko für die weitere Entwicklung der Wirtschaft und der Finanzmärkte.
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