In Davos trafen sich wieder einmal die Mächtigen dieser Welt – Politiker und die Unternehmenslenker. Sie diskutierten diesmal u. a. über den Kapitalismus. Natürlich weitgehend mit kritischem Akzent. Der Milliardär und Finanzspekulant George Soros erhält Beifall für seine Kapitalismusschelte. Für mich ist das eine verkehrte Welt:
– Nicht der Kapitalismus hat versagt, sondern der halbsozialistische Wohlfahrtsstaat, der nicht mehr finanzierbar ist.
– Die Finanzkrise ist nicht ein Ergebnis von zu wenig, sondern von viel zu viel staatlichen Eingriffen und Regulierungen.
– Die Staatsschuldenkrise ist nicht von Kapitalisten verschuldet, sondern von Regierungen, die die Stimmen ihrer Bürger mit immer neuen Wohltaten gekauft haben – und von den Bürgern selbst, die sich gerne kaufen ließen.
Warum hat man in Davos das Thema verfehlt? Wir brauchen keine kritische und selbstzweifelnde Kapitalismus-Debatte, sondern eine kritische Debatte des sozialen Wohlfahrtsstaates.
Doch wenn nicht einmal die „Kapitalisten“ das verstehen – wie soll man dann erwarten, dass der normale Bürger das versteht? Mit dem Selbstzweifel einer Klasse beginnt leider nicht selten deren Untergang.
Schon einmal hieß es überall, der Kapitalismus sei dem Untergang geweiht und der Planwirtschaft gehöre die Zukunft. Das war in den 30er Jahren. Die Weltwirtschaftskrise galt als Beleg für das bevorstehende Ende des Kapitalismus. Viele westliche Intellektuelle schauten damals mit ebenso viel Bewunderung auf Stalins Sowjetunion wie heute viele Kapitalisten nach China als dem scheinbar überlegenen System schauen. Damals schien es den meisten Menschen so, als sei die Planwirtschaft der Marktwirtschaft überlegen.
Die Weltwirtschaftskrise mündete bekanntlich in der Katastrophe – für Deutschland und dann für die ganze Welt. Die Nationalsozialisten waren sich in ihrer Kritik am „angloamerikanischen Finanzkapitalismus“ letztlich mit den Kommunisten einig.
Auch heute steht der „angloamerikanische Finanzkapitalismus“ wieder am Pranger. Wiederholt sich die Geschichte? Soweit ist es zum Glück noch lange nicht. Aber eines ist klar: Ohne selbstbewusste Kapitalisten wird der Kapitalismus nicht überleben.
Wenn die Kapitalisten selbst schon beginnen, am Kapitalismus zu zweifeln, wer soll ihn dann noch verteidigen? Die Intellektuellen sind traditionell mehrheitlich Kapitalismus-kritisch. Im Feuilleton der FAZ wird schon seit Monaten verkündet, die Linke habe in ihrer Kapitalismus-Kritik Recht gehabt.
Eine letzte Woche veröffentlichte Studie des Edelman Trust Barometer zeigt: 38% der deutschen Meinungseliten wünschen sich mehr staatliche Regulierung. Ein weiteres Ergebnis: Nur noch 21% der Deutschen halten Vorstandsvorsitzende von Unternehmen für glaubwürdig, womit diese sich die letzten Plätze mit Regierungsvertretern (22%) und Finanzanalysten (21%) teilen.
Die Erosion des Vertrauens in die Marktwirtschaft findet statt, obwohl die Arbeitslosenzahlen so niedrig sind wie seit Jahrzehnten nicht mehr und die deutsche Wirtschaft brummt. Was aber wird sein, wenn wir in eine Rezession schlittern und die Arbeitslosenzahlen wieder steigen? Was ist, wenn Deutschland sich als Retter der europäischen Pleitestaaten übernimmt und selbst zum Sanierungsfall wird?
Werden Demagogen wie Oscar Lafontaine von der Linkspartei profitieren? Wird die SPD, wenn es 2013 für rot-grün nicht reicht, lieber Juniorpartner in einer Großen Koalition oder aber lieber Nr.1 in einer rot-rot-grünen Regierung?
Was fehlt, ist eine starke, liberale Stimme, die die Marktwirtschaft offensiv und intelligent verteidigt.
Was fehlt, sind selbstbewusste Kapitalisten, die sich nicht dafür entschuldigen, Kapitalisten zu sein, sondern die stolz darauf sind.
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