Der veränderte Entwurf für das KAGB

Erschienen am 12. November 2012

Seit einigen Tagen liegt der modifizierte Entwurf für das Kapitalanlagegesetzbuch vor. Der neue Entwurf ist sachgerecht, und die wichtigsten Punkte, die in den vergangenen Monaten kritisiert wurden, haben nun Eingang in die veränderte Fassung gefunden. Ich verstehe die Freude in der Branche darüber, aber der Jubel sollte nicht zu laut sein, denn immerhin müssen sich noch vier verschiedene Ministerien mit dem Entwurf befassen und es besteht die Gefahr, dass es dabei wiederum zu Verschärfungen gegenüber dem jetzigen Entwurf kommt. Ich denke, erst im Februar oder März werden wir wirklich wissen, was auf die Branche zukommt. Und das ist sehr spät, wenn man bedenkt, dass die Neuregelungen bereits Ende Juli in Kraft treten.

Zu dem jetzt vorliegenden Entwurf: Es ist gut, dass der offene Immobilienfonds nicht – wie zunächst geplant – abgeschafft wird. Es bleiben sowohl die Immobilien-Spezialfonds, die sich seit vielen Jahren bewährt haben, wie auch die offenen Immobilien-Publikumsfonds. Hier gibt es eine Änderung, und zwar, dass Anleger nicht mehr wie bisher im Investmentgesetz vorgesehen, Beträge bis zu 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr ohne Mindesthalte- oder Kündigungsfrist zurückgeben können. „Um dem Anleger bewusst zu machen, dass er in eine langfristige Anlage mit illiquiden Vermögensgegenständen investiert, können Anteile zukünftig nur noch zu einem bestimmten Zeitpunkt einmal im Jahr zurückgegeben werden.“

Derzeit hat der „offene Immobilienfonds“ nicht den besten Ruf und wegen der vielen Probleme, die es in den vergangenen Jahren gab, ist das nur allzu verständlich. Ich bin jedoch sicher, dass ein Produkt wie das, was in der jetzigen Fassung des KAGB vorgesehen ist, durchaus sehr attraktiv für Anleger ist, weil es einen guten Kompromiss zwischen langfristiger Anlage und der Möglichkeit zu einem Ausstieg darstellt. Ich hoffe, dass die großen Kapitalsammelstellen – gleichgültig ob sie bisher offene oder geschlossene Immobilienfonds aufgelegt haben – die Möglichkeiten nutzen und neue Produkte nach diesen gesetzlichen Vorgaben an den Markt bringen werden.

Was die geschlossenen Fonds anlangt, so wurden die meisten Bedenken von Experten und Branchenteilnehmern aufgegriffen. Als Herausgeber des Buches „Investieren in Sachwerte“ und Betreiber des Sachwerte-Informationsportals (www.sachwerte-infoportal.de.) habe ich mich natürlich sehr darüber gefreut, dass dieser Begriff nun sogar zur Basis für diese Anlagevehikel geworden ist. Der Begriff „Sachwert“ wird dadurch, dass er Eingang in den Gesetzestext gefunden hat, eindeutig aufgewertet.

Positiv ist auch, dass es nun eine Übergangsregelung gibt, welche jenen Übergangsregelungen ähnelt, die auch bei den verschiedenen Steueränderungen üblich waren. Wer vor dem Stichtag in den Vertrieb gegangen ist, darf weiter vertreiben. Er darf jedoch, wenn ich es richtig gelesen habe, nicht weiter investieren. Hier wäre eine Übergangsregelung für revolvierend investierende Fonds (z. B. laufende Projektentwicklungsfonds, die die realisierten Gewinne in neue Projekte investieren) sinnvoll, wenn diese sicher auch nicht „unendlich“ gelten könnte.

Der wichtigste Fortschritt aus meiner Sicht ist, dass die Fremdkapitalgrenze von 30% auf 60% angehoben wurde. Hierfür wurde Uwe Wewel viel gescholten – zu Unrecht, wie ich finde, denn die Idee kam nicht von ihm, sondern aus der Politik. Hier wurde offensichtlich auf der politischen Ebene erfolgreich Überzeugungsarbeit geleistet. Es bleibt zu hoffen, dass es auch nach den Beratungen mit vier weiteren Ministerien bei dieser Grenze bleiben wird, die auch international bei anderen Immobilienanlagen (REITs) nicht unüblich ist.

Die Grenze für nicht-risikodiversifizierte Fonds, die bislang bei einer Mindestzeichnungssumme von 50.000 Euro lag, ist jetzt auf 20.000 Euro reduziert worden. Auch das ist vernünftig. Zudem wurde jetzt versucht, zu definieren, was unter „Risikomischung“ verstanden wird. Offenbar ist es auch möglich, in eine einzelne Immobilie zu investieren, wenn diese etwa durch einen sehr guten Mietermix eine Risikostreuung gewährleistet. Die Bestimmungen zur Risikomischung (die im ersten Entwurf fehlten) sind jedoch immer noch nicht eindeutig und ich wüsste als Initiator, der Fonds unter 20.000 Euro auflegen will, nicht so genau, wann „die Anteile jedes einzelnen Sachwertes am Wert des gesamten AIF im Wesentlichen gleichmäßig verteilt sind“. Ist das der Fall, wenn ich ein Objekt für 40 Mio. Euro und zwei weitere für je 20 Mio. kaufe? Oder müssen es drei Objekte für jeweils 30-40 Mio. Euro sein? Ist der Mietermix in einem Büroobjekt mit 10 verschiedenen Mietern aus unterschiedlichen Branchen ausreichend, damit „durch die Nutzerstruktur des Sachwertes … eine Streuung des Ausfallrisikos gewährleistet ist“? Oder ist das nur bei einem Shoppingcenter mit 100 Mietern der Fall? Und wie steht es um eine Wohnanlage mit 200 einzelnen Mietverträgen?

Am sichersten scheint mir, wenn man gar keine Fonds unter 20.000 Euro Mindestzeichnungssumme auflegt, und ich hätte auch nichts dagegen gehabt, wenn man die Auflage solcher Fonds untersagt hätte. Bei Fonds oberhalb dieser Zeichnungssumme stellen sich laut § 226 des Entwurfs diese Fragen nicht, da hier keine Risikomischung vorgeschrieben ist.

Gut ist, dass die Konzernklausel gefallen ist, denn in der Praxis wäre es nicht mehr möglich gewesen, Fonds aufzulegen, bei denen der Initiator die Assets zunächst auf die eigene Bilanz nimmt. Mit dieser Klausel wollte man wohl vermeiden, dass von Initiatoren nicht vertretbare Zwischengewinne abgeschöpft werden. Im Sinne des Anlegerschutzes ist es hier jedoch meiner Meinung nach ausreichend, wenn der Initiator über etwaige Zwischengewinne im Prospekt an hervorgehobener Stelle informieren muss.

Stichwort Prospekt: Die Ausführungen im Gesetz dazu sind aus meiner Sicht nicht sehr sinnvoll. Über viele Jahre hat sich – zunächst durch den Standard IDW S4 und später durch Standards des VGF – ein sehr sinnvoller Standard für Prospekte entwickelt. Statt hier etwas Neues zu erfinden, wäre es sinnvoll gewesen, diese bewährten Standards gesetzlich zu normieren.

Aus Sicht des Anlegerschutzes fand ich es auch besser, dass im ersten Entwurf eine laufende Bewertung der Immobilie durch Dritte vorgeschrieben war. Ich weiß, dass es auch hier leider viele „Spielräume“ und mögliche Beeinflussungen gibt – die Geschichte der offenen Immobilienfonds ist voll von solchen Beispielen. Dennoch birgt eine Begutachtung durch den Initiator selbst noch höhere Risiken.

Insgesamt ist der neue Entwurf jedoch begrüßenswert und die Branche wird mit Erleichterung aufnehmen, dass Bestimmungen wie die Konzernklausel, die FK-Quote von 30% sowie die Mindestzeichnungssumme von 50.000 Euro – zumindest zunächst – gefallen sind. Es wurden viele konstruktive Gespräche geführt, sowohl mit dem BMF wie auch mit der Politik, sowohl durch den VGF und den BVI wie auch durch viele andere Branchenteilnehmer. Das Ergebnis ist gut.

Ich sehe jedoch folgende Gefahr: In der Erleichterung darüber, dass die Produktregulierungen deutlich entschärft wurden, wird vergessen, dass die hohen regulatorischen Anforderungen an die Emittenten von Fonds geblieben sind. In dieser Hinsicht hat der deutsche Gesetzgeber auch keinen Spielraum – die AIFM muss umgesetzt werden.

Ich weiß, dass selbst Initiatoren mit institutionellem Hintergrund, die seit Jahrzehnten in dem Geschäft tätig sind, erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um den Regulierungen gerecht zu werden. Diese werden es natürlich schaffen – und zwar auch deshalb, weil sie sich rechtzeitig mit dem Thema befassen. Viele kleinere Initiatoren verdrängen dies jedoch nach wie vor und sind sich nicht bewusst, was durch die Regulierung auf sie zukommt – so etwa die Notwendigkeit, ein eigenes, vom Assetmanagement unabhängiges Risikomanagementsystem zu implementieren.

Es wird eine umfassende Marktbereinigung geben, da viele kleinere Anbieter nicht in der Lage sein werden, die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. Das sollte bei all der berechtigten Freude über die Entschärfungen auf der Produktebene nicht vergessen werden

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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