Vielen sogenannten Klimaaktivsten geht es nicht um das Klima und die Umwelt, sondern für sie sind das nur Instrumente im Kampf gegen den Kapitalismus. Ihre Vordenkerin Naomi Klein liefert den Beweis.
Als ich 20 Jahre alt war – damals war ich Marxist – schrieb ich in einem Aufsatz zum Thema „Zur Argumentationsstrategie linker Umweltpolitik“: „Aufgabe linker Umweltpolitik darf es also nicht sein, systemimmanent gegen die Zerstörung der Umwelt zu kämpfen, denn – wie gezeigt – widersprechen sich Kapitalismus und Umweltschutz grundsätzlich. Es ist daher nicht die Aufgabe, irgendwelche Illusionen über die Möglichkeit des Umweltschutzes im Kapitalismus zu bestärken, sondern diese systematisch zu zerstören und aufzuzeigen, dass Umweltschutz erst in einem anderen ökonomischen System möglich ist, in welchem die Produktionsmittel vergesellschaftet sind und die Produktion am Gebrauchswert, an der Befriedigung natürlicher Bedürfnisse, orientiert ist.“
Ähnliche Argumentationen sind heute, fast ein halbes Jahrhundert später, populär. Meine These: Vielen sogenannten Klimaaktivsten und Anhängern von GRÜNEN, „Extinction Rebellion“, „Fridays for Future“ und anderen Bewegungen geht es nicht um das Klima und die Umwelt, sondern für sie sind das nur Instrumente im Kampf gegen den Kapitalismus. Wenn wir uns das Standardwerk der Antikapitalisten zum Thema Klimawandel vornehmen, dann wird dies deutlich:
Naomi Klein, die populäre Kritikerin des Kapitalismus und der Globalisierung, gibt zu, dass sie zunächst kein besonderes Interesse am Thema Klimawandel hatte. 2014 schrieb sie dann ein dickes Buch mit 700 Seiten zum Thema „Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima“. Wie kam es zu diesem Wandel ihres Interesses? Kleins Hauptthema war bis dahin der Kampf gegen Freihandel und Globalisierung. Sie sagt ganz offen: „…ich begann erst dann, mich stärker für dieses Thema [Klimawandel] zu engagieren, als ich erkannte, dass sie ein Katalysator für Formen sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit sein könnten, von denen ich ohnehin überzeugt war“ (S.79). Ihre Hoffnung war eine „neue Klimabewegung, die den Kampf gegen den sogenannten Freihandel aufnimmt“ (S. 110). Effiziente Lösungen, wie etwa die klimafreundliche Kernenergie, lehnt sie strikt ab, da sie gar nicht an Lösungen im Rahmen des Kapitalismus interessiert ist.
Klein schreibt, sie habe erkannt, das Thema Klimawandel sei eine Chance, dass „wir die Krise kollektiv dazu nutzen können, den Sprung in eine bessere Welt zu wagen“ (S. 16) und „der Klimawandel auf vielerlei Arten ein Katalysator für positiven Wandel werden könnte – indem er den progressiven Kräften die besten Argumente überhaupt dafür liefert…unsere Demokratie dem zerstörerischen Einfluss der Konzerne zu entreißen, gefährliche neue Freihandelsabkommen zu blockieren… Grenzen für Einwanderer zu offnen“ (S. 17). Die Klimakrise könne „die Grundlage einer mächtigen Massenbewegung bilden“ (S. 17). Ziel der Bewegung solle es sein,
- „das Gemeingut [gemeint: Staatseigentum] massiv auszuweiten“ (S. 20)
- „eine sorgfältig geplante Wirtschaft“ einzuführen (S. 121)
- „unsere Wirtschaft mehr oder weniger von Grund auf zu ändern“ (S. 34)
- „neue Steuern, neue öffentliche Beschäftigungsprogramme“ (S. 55)
- „Rückabwicklung von Privatisierungen“ (S. 55)
- „Auslöschung der reichsten und mächtigsten Industrie, die es jemals auf der Welt gegeben hat: der Öl- und Gasindustrie“ (S. 84)
- Staatliche Vorgaben „wie oft wir fahren, wie oft wie fliegen, ob unsere Lebensmittel eingeflogen werden, ob die Sachen, die wir kaufen auf Haltbarkeit angelegt sind…wie groß unsere Wohnung ist“ (S. 116)
- „Die Zusammensetzung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von Grund auf neu ordnen“ (S. 119)
- „Privatinvestitionen in die Produktion überflüssiger Güter müssen sinken“ (S. 119)
- „erhöhte Regierungsausgaben“ (S. 119)
- „wachsende Umverteilung“ (S. 119)
Zustimmend zitiert sie einen Vorschlag, wonach die wohlhabenden 20 Prozent der Bevölkerung die größten Einschnitte vornehmen müssen, um damit mehr gesellschaftliche Gleichheit herzustellen (S. 117). Ihre These ist: „Unser Wirtschaftssystem und unser Planetensystem befinden sich miteinander im Krieg“ (S. 33) und daher sei „ein revolutionärer Wandel des Wirtschaftssystems nötig“ (S. 76).
Ich denke, diese Zitate, die sich durch viele weitere ergänzen lassen, zeigen: Antikapitalisten wie Klein geht es nur vordergründig um Umwelt und Klimawandel. Ihr eigentliches Ziel ist die Beseitigung des Kapitalismus und die Errichtung einer staatlichen Planwirtschaft. Daher lehnt sie konsequent alle wirksamen Mittel für Umweltschutz und gegen Klimawandel, die mit dem herrschenden Kapitalismus vereinbar wären, strikt ab.
Die These, dass es vielen „Klimaaktivsten“ und Anhängern eines „Green New Deals“ weniger um die Umwelt geht, sondern dass sie dieses Thema nur nutzen wollen, um den Kapitalismus abzuschaffen und eine Planwirtschaft einzuführen, ist also keine böswillige Unterstellung – sondern die Klimaaktivisten geben es selbst zu. Man muss ihre Schriften nur sorgfältig lesen. Sie haben die gleiche Idee, die ich als Marxist vor 44 Jahren auch schon hatte.
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Autor des Buches: Der Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung.