Gestern startete BILD.TV. Nach einem Fußballtag lief von 19.30 bis Mitternacht die „Kanzler-Nacht“. Fernsehen ohne Genderei und Linksdrall – das gab es lange nicht mehr in Deutschland.
Zuerst nahm Paul Ronzheimer Armin Laschet in die Mangel, dessen Partei inzwischen bei Umfragen nahe an die 20-Prozent-Marke rutscht. Danach befragte Kai Weise den Umfragen-Aufsteiger Olaf Scholz. Scholz und Laschet hatten einen Rollentausch vorgenommen, wie danach Claus Strunz kommentierte: Scholz ist in den Schlafwagen umgestiegen, Laschet in den Express. Sleepy Laschet wirkte in der Tat nicht so schläfrig wie sonst – überzeugt hat er mich trotzdem nicht.
Warum war Kanzlerkandidatin Baerbock nicht dabei? Weil sie (zum Glück) kaum noch Chancen hat, Kanzlerin zu werden? Nein. Den Grund erfuhr der Zuschauer erst kurz vor Mitternacht: Sie hatte gekniffen, lässt sich lieber bei Öffentlich-Rechtlichen streicheln: Einige Stunden zuvor war sie im ARD-Sommerinterview befragt worden,
ob sie angesichts der Tatsache, dass es beim Klimawandel doch nun schon fünf nach 12 für unseren Planeten sei, später vor die Augen ihrer Kinder treten und ihnen erklären könne, dass sie die Rettung der Welt vermasselt habe: „Wie würde Sie ihren Kindern erklären, wenn durch die vermeidbaren Fehler ihrer Mutter vielleicht die Grünen die Chancen verspielt hätten, ihre entscheidenden Weichen in der Regierung zu stellen?“
Solche Fragen stellten Ronzheimer und Weise nicht. Sie hatten die härtesten Fragen versprochen. Weise fragte immer wieder nach, warum Scholz ein Bündnis mit der LINKEN nicht ausschließt. Wie zu erwarten, bekam er keine Antwort. Scholz druckste herum und brachte die Sache, wie immer auf die abstrakte Metaebene (der Wähler habe jetzt das Wort usw.). Zu Ende gedacht würde das ja heißen, dass auch eine Koalition SPD/AfD nicht ausgeschlossen werden könne. Ich hätte mir von Weise noch mehr Zuspitzung gewünscht: „Herr Scholz, Sie sind ein Wählertäuscher: Sie machen die Merkel-Raute und hinter Ihnen warten Linksaußen Saskia Esken und Kevin Kühnert, um zusammen mit der LINKEN die rote Fahne der Enteignung zu hissen.“ Nein, das sagte er nicht. Das wäre die Zitelmannsche Version der „härtesten Fragen“.
BILD will stets volksnah sein, daher eine Jury mit vier „Leuten aus dem Volk“, u.a. mit Reiner Callmund, der kräftig abgenommen hat und im Schnellsprech alles (etwas wirr) vorlas, was er auf seinen Zettel geschrieben hat. Neben ihm Ex-Boxerin Regina Halmich, die nicht abgenommen hat, aber klar kommentierte.
Das Beste an der Sendung war die Schlussrunde mit fünf Kommentatoren. Deren Auswahl war sehr gut getroffen mit Claus Strunz (BILD), Robert Schneider (Focus), Julian Reichelt (BILD), Hans-Ulrich Jörges (Stern) und Nena Schink. Keiner der fünf hat enttäuscht – im Gegenteil! Sogar Jörges, dessen politischen Standpunkt ich nun wirklich nicht teile, war klasse. Strunz, Schneider und Reichelt sowieso.
Ich bin sicher: BILD.TV wird die deutsche Fernsehlandschaft aufmischen. Beim Start gab es noch Probleme: Die Leute, die für das Einspielen der Einspielfilme zuständig sind, sollten sich einen Job suchen, den sie beherrschen, denn das klappte mehrfach nicht. Bei der ersten Sendung verzeiht man so etwas. Dafür hörte man kein Wort Gendersprech – die Sendung war eine Wohltat im Vergleich zu Anne Will, die sonst ja um 21.45 Uhr läuft (wenn sie nicht gerade, wenige Wochen vor der Wahl, Sommerpause macht). Linksgrüne werden sicher Amok laufen und BILD.TV Einseitigkeit vorwerfen. Ich hoffe, BILD.TV lässt sich davon nicht beirren. Bei so viel linker Einseitigkeit von ARD und ZDF braucht es nichts „Ausgewogenes“, sondern einen klaren Gegenpol.23