Rückkehr zum Goldstandard?

Erschienen am 15. November 2010

Die Wechselkurse zwischen Dollar und Euro geben kaum noch einen Anhaltspunkt für die Stärke bzw. Schwäche dieser beiden Währungen. Der Dollar ist schwach, weil die Verschuldung der USA immens ist und Ben Bernanke mit seinem Helikopter-Geld die amerikanische Währung untergräbt. Doch auch der Euro schwächelt wieder zunehmend, und zwar nicht nur wegen der massiven Probleme in Irland. Griechenland meldet bereits, dass die Verschuldung viel höher ist als gedacht und will die eben erst festgelegten Konditionen für die Kredite nachverhandeln. Der Verfall des Geldwertes ist nicht an dem relativen Wertverhältnis der zwei im Abwärtsstrudel befindlichen Währungen abzulesen, sondern an dem einzig verbliebenen gültigen Maßstab, nämlich am Goldpreis. Obwohl dieser am Freitag gefallen ist, befindet er sich auf Dollar- wie auch auf Eurobasis sehr nahe am historischen Höchststand.

Vergangene Woche forderte kein Geringerer als der Weltbank-Chef Robert Zoellick, zu einem Goldstandard als Fixpunkt der internationalen Währungspolitik zurückzukehren. Mit seinem Vorstoß reagierte der Weltbankpräsident auf den schwelenden Streit über Geldpolitik und Wechselkurse. Der jüngste Stein des Anstoßes war die Entscheidung der US-Notenbank, die Märkte mit bis zu 900 Mrd. USD zu fluten.

Der Präsident der Weltbank sieht eine Lösung nur noch in einem „kooperativen Währungssystem“, das dem wachsenden wirtschaftlichen Gewicht Chinas und anderer Schwellenländer Rechnung tragen müsse. Das neue System müsse den USD, den Euro, den JPY, das GBP und den Yuan umfassen. Für eine koordinierte Festlegung der Wechselkurse könne Gold als Orientierungsmarke dienen. Das Edelmetall eigne sich als Bezugspunkt für die Erwartungen der Märkte hinsichtlich Inflation, Deflation und des künftigen Werts von Währungen, so Zoellick. Denn die Anleger nutzten Gold inzwischen immer stärker als Alternative zu Geldanlagen. Wegen der niedrigen Zinsen in den Industriestaaten und der Angst vor einer Inflation in den USA jage der Goldpreis von Rekord zu Rekord. Gemessen an den im Goldpreis ausgedrückten Inflationserwartungen müssten die US-Notenbank und die EZB die Zinsen kräftig erhöhen.

Zoellick geriet wegen seiner Äußerungen sofort unter scharfen Beschuss der Politik und sah sich gezwungen, seine Äußerungen zu relativieren. Aber er hat eine Diskussion angestoßen, die nun weltweit geführt wird.

Zwei Fragen möchte ich beantworten:

1. Ist der Vorschlag des Weltbankpräsidenten sinnvoll?

2. Hat der Vorschlag Chancen auf Realisierung?

Zu 1: Gold als Währung bzw. Geldsysteme mit Golddeckung haben sich über Jahrtausende bewährt, während es das reine Papiergeldsystem ohne Golddeckung nicht einmal seit Hundert Jahren gibt. Erst vor 39 Jahren wurde die Golddeckung gänzlich aufgegeben wurde, als die Ordnung von Bretton Woods abgeschafft wurde. Und in diesen 100 Jahren haben sich die Staaten, insbesondere nach der völligen Abschaffung der Golddeckung, hemmungslos verschuldet und es gab zahlreiche Inflationen, was zuvor nicht der Fall war. In den Jahren 1800 bis 1914, als die Geldsysteme auf dem Gold- und dem Silberstandard beruhten, gab es (mit Ausnahme der Zeit der Napoleonischen Kriege) niemals eine Inflation. Das häufig vorgetragene Argument, der Goldstandard bremse das Wirtschaftswachstum, kann nicht überzeugen. Zwischen 1882 und 1914 lag die Teuerungsrate in Deutschland trotz eines enormen Wirtschaftswachstums nur bei 0,9 Prozent – Wachstum ohne Inflation geht also in einem auf dem Goldstandard basierten System durchaus. Eine Rückkehr zu einem Geldsystem mit Golddeckung wäre besser als jede „Schuldenbremse“, wie sie jetzt beispielsweise Deutschland im Grundgesetz festgeschrieben hat (und die ebenso wenig funktionieren wird, wie zahlreiche andere „Schuldenbremsen“ zuvor in der Geschichte). Leider haben wir uns schon so sehr daran gewöhnt, dass sich Staaten hemmungslos verschulden, dass viele Menschen intellektuell gar nicht mehr in der Lage sind, sich ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem mit soliden Staatsfinanzen auch nur vorzustellen.

Zu 2: Da eine Rückkehr zu einer Golddeckung die Macht der Staaten bzw. der politischen Klasse und der Zentralbanken zugunsten des Marktes einschränken würde, glaube ich nicht, dass man „freiwillig“ eine solche Reform durchführen würde. Die Politik, die derzeit von „Helikopter Ben“ betrieben wird (Bernanke: „Zur Not werden wir das Geld mit Helikoptern abwerfen“), wäre mit einem solchen System ebenso unmöglich wie das völlig hemmungslose Schuldenmachen, um die maroden Wohlfahrtsstaaten mit all ihren „sozialen Wohltaten“ zu finanzieren. Deshalb werden sich Politiker und Zentralbanken gegen die Rückkehr zur Golddeckung wehren. Für denkbar hielte ich dies allenfalls nach einem kompletten Zusammenbruch des internationalen Währungs- und Finanzsystems, ein Szenario, das leider nicht ganz unwahrscheinlich ist.

Die Assetklasse Immobilien wird von der Diskussion stark profitieren. Wenn die Menschen dem Papiergeld nicht mehr vertrauen, dann flüchten sie in Gold – oder in Sachwerte wie Immobilien. Schon jetzt ist zu beobachten, wie die Preise für Zinshäuser exorbitant steigen, weil viele vermögende Käufer nicht mehr nach der zu erzielenden Rendite fragen, sondern „um jeden Preis“ nur noch ihr Geld in Sicherheit bringen wollen. Eine massive Angebotsknappheit ist die Folge, weil es nur noch wenige Verkäufer gibt, aber eine zunehmende Zahl von wenig preissensiblen Käufern.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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