Volksentscheid in der Hauptstadt: 56,4 Prozent der Berliner für Enteignung

Erschienen am 27. September 2021

Meine Gefühle nach der Wahl sind gemischt: Positiv, dass eine Linksfront-Regierung verhindert wurde. Aber gleichzeitig hat die Mehrheit der Berliner für Enteignung gestimmt.

Unternehmer können in Deutschland bleiben. Zunächst. Knapp wurde eine Linksfront-Regierung verhindert. Knapp, denn es fehlten gerade fünf Sitze für eine Mehrheit von SPD, Grünen und Linken. Wäre die Linke nicht fast halbiert worden, sondern hätte ihr Ergebnis vom letzten Mal gehalten, dann gäbe es jetzt eine komfortable Mehrheit für die Volksrepublik-Koalition.

Man sollte nicht übersehen, dass die linken Kräfte gestärkt wurden: SPD und Grüne haben 11,1 Prozentpunkte zugelegt und die Linke verlor 4,3 Prozentpunkte. Und es sind 50 Jusos in den Bundestag eingezogen, von denen viele so denken wie Kevin Kühnert, und damit ganz ähnlich wie die Linkspartei.

Erschreckend ist, dass 56,4 Prozent der Berliner bei der Chaos-Abstimmung am Sonntag für die Enteignung von Immobiliengesellschaften gestimmt haben, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen. Das zeigt für mich vor allem das grandiose Versagen der marktwirtschaftlichen Kräfte. Die Unternehmen haben doch genug finanzielle Mittel: Warum wurde keine massive PR- und Werbekampagne in Berlin für das Eigentum gemacht? Ich hätte mir mehr Plakate Pro-Eigentum in Berlin gewünscht als Wahlplakate. Und es zeigt sich auch, was ich seit Jahren sage: Der schwächlich-feige Appeasement-Kurs der Wirtschaft, die sich bei den linken Kräften anbiedert und hofft, dann verschont zu werden, ist kläglich gescheitert.

Es mag sein, dass der Volksentscheid nicht umgesetzt wird oder vor dem Bundesverfassungsgericht scheitert. Doch was weiter läuft und vorangetrieben wird, ist die indirekte Enteignung: Immobilieneigentümer stehen zwar weiter im Grundbuch, aber alle wesentlichen Merkmale des Privateigentums werden so weit ausgehöhlt, dass nur noch der leere Rechtstitel bleibt.

Die Grünen in Berlin haben schon angekündigt, dass sie die Enteignungsdrohung nutzen wollen, um die Immobiliengesellschaften dazu zu zwingen, sich faktisch selbst zu enteignen. Das ist die eigentliche Gefahr, auch wenn formell nicht enteignet werden sollte: Der Vermieter bleibt zwar als Eigentümer im Grundbuch stehen, wird jedoch faktisch zum Staatsangestellten: er darf noch die Mieten einziehen, das Haus verwalten und die Nebenkostenabrechnung machen, aber alles andere bestimmt der Staat – durch Regulierungen wie etwa die Mietpreisbremse, einen manipulierten Mietpreisspiegel oder sogenannten „Milieuschutz“ nach § 172 des Baugesetzbuches.

Übrigens fühle ich mich durch das Ergebnis auch in meiner strikten Ablehnung von Volksentscheiden bestätigt. Ich weiß, dass viele Menschen, die sonst ähnlich so denken wie ich, hierzu eine andere Meinung haben. Aber was bei solchen Volksentscheiden in Deutschland herauskommen kann, haben wir jetzt nicht das erste Mal gesehen. Erst vor einigen Jahren stimmten die Berliner gegen eine teilweise Bebauung des ehemaligen Flughafens Tempelhof – und beschweren sich nun, dass es zu wenige Wohnungen gibt.

In Deutschland dominiert eine antikapitalistische Neidgesinnung, und man kann sich leicht ausmalen, wie Volksentscheide über Steuererhöhungen für Vermögende oder Höchstgrenzen für Managergehälter ausgehen würden. Es ist kein Wunder, dass sich SPD, Linke, Grüne und AfD vehement für „direkte Demokratie“ einsetzen. Leider steht es auch im Programm der FDP, obwohl ich weiß, dass viele führende Köpfe der Partei solche Volksentscheide ablehnen. Die Forderung sollte meiner Meinung nach schleunigst aus dem FDP-Programm gestrichen werden.

Folgen Sie mir auf Twitter.

Über den Autor