Seit Jahren verfolgen Deutsche Wohnen und Vonovia eine Strategie der Anbiederung, aber sie zahlt sich nicht aus. Und die Aktie verlor in den letzten Wochen 17 Prozent.
Vonovia und Deutsche Wohnen haben verkündet, dass sie zusammengehen wollen und überschlagen sich geradezu mit Versprechungen. Der verfassungswidrige Mietendeckel wurde eben in Karlsruhe gekippt: Bitte, bitte keine Sorge, wir machen unseren eigenen Mietendeckel, ganz „freiwillig“: Die regulären Mieterhöhungen in Berlin sollen in den nächsten drei Jahren auf höchstens ein Prozent jährlich gedeckelt werden. In den beiden darauffolgenden Jahren bis 2026 sollen Mieten höchstens im Rahmen der Inflation steigen. Damit dürften Wohnungen von Vonovia und Deutsche Wohnen teilweise sogar unterhalb des Mietspiegelniveaus bleiben. Nach einer Modernisierung soll die Modernisierungskostenumlage „über die gesetzlichen Vorgaben hinaus auf maximal zwei Euro pro Quadratmeter begrenzt“ werden, hieß es in der Vonovia-Mitteilung vom Montag. Außerdem wollen die Unternehmen Wohnungen an Berlin bzw. die kommunalen Wohnungsbestände abgeben. Und, ja, ganz wichtig, man will für „klimafreundlichen Wohnraum“ sorgen.
Keiner goutiert die Anbiederei
Bekanntlich will eine radikale Initiative in Berlin die Deutsche Wohnen enteignen. Die Vonovia und die Deutsche Wohnen sind so naiv, dass sie glauben, wenn sie sich nur recht artig anbiedern, im vorauseilenden Gehorsam einen eigenen Mietendeckel versprechen und viel von Klimafreundlichkeit reden, könnten sie damit den Enteignern (die von der Linken sowie Teilen der SPD und der Grünen unterstützt werden), den Wind aus den Segeln nehmen. Man wolle „die Stadt befrieden“, so heißt es. Die Botschaft dahinter: „Wir sind ganz, ganz lieb, liebe Sozialisten, bitte seid auch wenigstens ein bisschen lieb zu uns und lasst uns vielleicht sogar ein wenig weiterleben.“ Wie naiv!
Die Sozialisten reagieren wie erwartet. Sie zeigen die kalte Schulter. In den Medien ein Trommelfeuer, das vom linken DIW-Chef Marcel Fratzscher über die Mieterverbände bis zur Enteignungsinitiative reicht. KEINER außer Berlins Regierendem Bürgermeister Müller, der einen Deal mit den Unternehmen ausgehandelt hat, goutiert die Versprechen der Vonovia. Im Gegenteil. Die Medien stimmen alle gemeinsam das Lied von den angeblich schrecklichen Folgen für die Mieter an – ohne das irgendwie zu begründen. Es genügt, jemanden vor die Kamera zu bitten, der keine Ahnung, aber dafür viel Meinung hat und der sagt, dass er ganz viel Angst vor Mieterhöhungen hat. Ganz so, als ob es weder die Zusagen der Vonovia noch das deutsche Mietrecht mit Kappungsgrenze und Mietbreisbremse gebe.
Die Unternehmen Deutsche Wohnen und Vonovia sind unbelehrbar. Sie verfolgen seit Jahren diesen Kurs der Anbiederei, wie ich schon häufiger kritisiert habe.
Flucht vor Enteignung?
Hat ihnen das etwas genutzt? Nein, die Sozialisten reagieren wie erwartet – sie sehen dieses Verhalten als Schwäche und fühlen sich in ihren Enteignungsplänen bestätigt. Gestern habe ich einige interessante Deutungen der geplanten Fusion von Insidern aus der Immobilienbranche bekommen. Einer schrieb mir: „Ich gehe davon aus, dass sie sich in die Größe flüchten. Vor allem die Deutsche Wohnen, deren Vorstand nur noch mit Bodyguard in Berlin bewegungsfähig ist. Die Deutsche Wohnen verstaatlichen zu wollen ist das eine, Europas größten Wohnungskonzern etwas anderes. Das ist den Beteiligten völlig klar, daher auch der Frust über diese Fusion.“ Ein anderer Insider kommentierte nur knapp: „Appeasement nutzt nix. Klare Kante, freundlich präsentiert.“
Aktionäre schicken Aktie abwärts
Ist es für die Vonovia sinnvoll, die Deutsche Wohnen, die überwiegend in Berlin investiert ist, zu übernehmen? Die Vonovia-Aktionäre haben ihr Urteil gesprochen: Am 16. April lag der Kurs bei 59 Euro, gestern lag er bei 49 Euro, hat also 17 Prozent (!) verloren. Der DAX dagegen stand gestern da, wo er auch am 16. April stand. Die Aktionäre haben Recht. Wohnungen in Berlin zu kaufen, ist keine gute Idee. Ich habe in den letzten Jahren fast alle Wohnungen in Berlin verkauft. Die Preise sind irrational hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie stagnieren oder gar sinken in den nächsten Jahren ist doch viel höher, als dass sie weiter so steigen wie bisher. Und die Berliner Politik wird weiter massiv für Gegenwind sorgen: Private Eigentümer sind nicht gewollt. Linke, SPD und Grüne sind vereint in dem Glauben, eigentlich seien nur Staatswohnungen gute Wohnungen. Auch wenn der Mietendeckel jetzt gekippt wurde: Der Fantasie, privaten Investoren das Leben schwer zu machen, sind keine Grenzen gesetzt. Und die Hauptstadt Berlin wird dabei stets ganz vorne sein. Die ganze Stadt wird mit sogenannten „Milieuschutzgebieten“ überzogen. Und vielleicht kommt der Mietendeckel sogar bundesweit.
Es ist die „DDR“-Philosophie in der Wohnungspolitik
Die Enteigner sind ganz empfindlich, wenn man ihre Haltung mit der „DDR“ vergleicht. Nein, nein, ich weiß, die LINKE hat andere Vorbilder, sie hat uns ja jahrelang erzählt, die Wohnungspolitik von Venezuela sei vorbildlich. Doch das Motto der DDR-Wohnungspolitik war identisch mit dem von Linken und Grünen: Mietenstopp statt Markt – und nur Staatswohnungen sind gute Wohnungen. Das waren die Prämissen der „DDR“-Wohnungspolitik. Und das Ergebnis? 1989, als die DDR am Ende war, wurden 65% aller Wohnungen mit Kohleöfen beheizt. 24% hatten keine eigene Toilette und 18% kein Bad. An Fahrstühle, Balkone und moderne Küchen war gar nicht zu denken. 40% der Mehrfamilienhäuser galten als schwer geschädigt, 11% waren unbewohnbar. Mit 80 Milliarden Euro musste der böse, kapitalistische Westen den maroden Wohnraum in Ostdeutschland sanieren bzw. neu bauen. Hegel meinte in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte: „Was die Erfahrung aber und die Geschichte lehren, ist dies, dass Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.“